von Michael Prock, Tony Walser
Verfassungsgerichtshof hebt Bürgermeister-Wahlen in Bludenz und Hohenems auf.
Bludenz, Hohenems, Wien.
Jede Stimme zählt. Ein Slogan, der vor Wahlgängen die Bevölkerung
animieren soll, ihre Stimme abzugeben. Dass dies mehr als nur eine leere
Worthülse ist, bewies der 29. März 2015 in Bludenz; die
Bürgermeister-Stichwahl. 27 Stimmen trennten die Kandidaten Mandi
Katzenmayer (ÖVP, 64) und Mario Leiter (SPÖ, 50). Bereits im Vorfeld
wurden Vorwürfe laut, die ÖVP hätte Wahlkarten gesammelt und für andere
Personen ausgefüllt. Für den unterlegenen Kandidaten Mario Leiter Grund
genug, die Wahl vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu bringen und
anzufechten.
Entscheidung gefallen
Auch
in Hohenems brachte die Gemeindewahl am 15. März kein klares Votum für
einen Bürgermeisterkandidaten. Richard Amann (ÖVP, 59) und Dieter Egger
(FPÖ, 46) traten am 29. März zur Stichwahl an. Amann blieb mit 121
Stimmen Vorsprung im Amt. Ausschlaggebend waren die Wahlkarten. In den
Sprengeln war Egger vorne, das Wahlkarten-Resultat drehte das Ergebnis.
Noch am Wahlabend bezweifelte Egger, dass alles mit rechten Dingen
zugegangen sei. Für ihn Grund genug, die Wahl vor den
Verfassungsgerichtshof zu bringen und anzufechten.
Die
unterlegenen Kandidaten brachten die Anfechtung im April dieses Jahres
ein. Am Donnerstag, den 17. September, war es so weit. Die 14
Verfassungsrichter trafen sich zur Herbst-Session – so heißt die mehrwöchige Sitzung. Über 100 Themen wurden diskutiert, auch die zwei Wahlen. Heute, Samstag, endet der Sitzungsmarathon.
Eine Entscheidung über die Wahlanfechtung ist also gefallen. Der VfGH
wird die Beschlüsse nach und nach veröffentlichen. Den VN liegen bereits
verlässliche Informationen vor: Sowohl in Bludenz als auch in Hohenems
wurde der Anfechtung stattgegeben. Beide Bürgermeister-Stichwahlen
müssen wiederholt werden.
Die Endfassung
des Bescheides muss noch formuliert werden. In den kommenden Wochen wird
er zugestellt. Nach diesem Zeitpunkt haben die Städte 100 Tage Zeit,
die Bürgermeister-Stichwahl erneut abzuhalten. Christian Neuwirth (43),
Sprecher des Verfassungsgerichtshofs,
will die
Entscheidung noch nicht kommentieren. Nur so viel: „Sobald die
Beschlüsse vorliegen, werden sie auf der Website und auf Twitter
veröffentlicht. Dies sollte noch heuer der Fall sein.“ Zu den VN ist
bereits durchgesickert, dass die Beschlüsse schon kommende Woche
zugestellt werden könnten. Dies würde bedeuten, dass im Jänner 2016
gewählt werden müsste. Also: Wahlkampf in der Weihnachtszeit.
Die Gründe
Zwei
Faktoren sind für eine Anfechtung entscheidend. Erstens: Ist etwas
rechtswidrig abgelaufen? Zweitens: War dieser Umstand wahlentscheidend?
Nur wenn beides zutrifft, muss neu gewählt werden. Bei einem Unterschied
von 121 Stimmen würden also 61 falsch ausgestellte Wahlkarten für eine
Anfechtung reichen. Falsch kann schon sein, wenn die Vollmacht nicht
verlangt wurde, als die Wahlkarte ausgestellt wurde. Dies war in
Hohenems bei über 100 Wahlkarten der Fall. In Bludenz hätten bei 27
Stimmen Differenz schon 14 falsch ausgestellte Wahlkarten gereicht. Die
Anzeichen, dass neu gewählt werden muss, waren also von Beginn an da.
Weshalb der VfGH den Anfechtungen schließlich stattgegeben hat, wird mit
dem zugestellten Bescheid veröffentlicht.
Dieselben Kandidaten
Für
die Bludenzer und die Hohenemser Bevölkerung bedeutet dies, sich noch
einmal zwischen zwei Kandidaten entscheiden zu müssen. Mandi Katzenmayer
versus Mario Leiter in Bludenz, Richard Amann versus Dieter Egger in
Hohenems. Außer, einer der Kandidaten verliert die „Wählbarkeit“, wie es
im Gesetz heißt. Wenn er beispielsweise stirbt, umzieht oder zu einer
bestimmten Strafe verurteilt wird. Dann dürfen die Parteien bis zu zwölf
Tage vor der Stichwahl einen alternativen Kandidaten vorschlagen.
Verzichtet einer der Kandidaten ganz normal auf die Stichwahl, wird sie
nicht neu ausgetragen. Dann würde der Gegenkandidat als Bürgermeister
feststehen.
Die Erde drehte sich über den
Sommer weiter. In den Rathäusern wurde gearbeitet, die Bürgermeister
trafen Entscheidungen. Diese behalten ihre Gültigkeit – außer der VfGH
hebt die Wahl rückwirkend auf. Der Bürgermeister bleibt auch nach dieser
Entscheidung im Amt, bis zum Tag der erneuten Wahl. Die Dauer der
Legislaturperiode ändert sich nicht. Sie begann im März dieses Jahres,
die nächsten Gemeindewahlen werden auch in Bludenz und Hohenems
planmäßig im Jahr 2020 abgehalten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen