Türen gehen auf 29


Briefe an die Bewohner/innen einer Stadt

Von Gabriele Bösch

Wenn sich die Schnecken am 1,5 Meter hohen Beinwell gütlich tun, dann könnte man sagen, dass etwas falsch läuft, ich brauche nämlich dicke Handschuhe, um ihn aufzubinden, weil er so stachelig ist.

Warum verfolgt mich dieses Bild, während doch der Gemüsegarten komplett unter Wasser steht, der Apfelbaum sich in einem See spiegelt und der erste Schritt in den Keller mir nasse Socken beschert? Sind die Schnecken aus Verzweiflung da hochgekrochen? Oder sind die Stacheln durch das viele Wasser aufgeweicht? Könnte man sagen, dass eine Katastrophe zu neuen Formen des Zusammenwirkens führt? (Die Salatsetzlinge wurden nicht gefressen, weil sie unter Wasser standen!) Ich hoffe, Ihnen allen ist kein größerer Schaden entstanden!
Neue Formen des Zusammenwirkens


Am 1. Mai hatte das erweiterte Prozesskernteam eine Sitzung. Auf derselben wurde die Frage gestellt, welche neuen Strukturen wir brauchen, um die zahlreichen Ideen aus den vielen Workshops und aus der Zukunftswerkstatt bestmöglich umzusetzen. Wir kamen eindeutig zu dem Schluss, dass es eine klare Plattform braucht, die aus Politikern, Menschen aus der Verwaltung und Bürgern zusammengesetzt ist: ein Visionsteam. Das erste Treffen dieses Visionsteams fand am 13. Mai in der Frohen Aussicht statt. Gemeinsam besprachen wir an konkreten Beispielen, wie wir „drei Fraktionen“ als Team sich gegenseitig unterstützen könnten. Wenn z. B. eine Gruppe von Bürgern bereit ist, den Brunnen am Tavernenplatz (bei der Engelburg) ehrenamtlich neu zu errichten, kann dieses Anliegen im Visionsteam eingebracht werden. Dort kann in einer einzigen Sitzung besprochen werden, ob es einen Stadtvertretungsbeschluss braucht, welche Rechte ev. zu berücksichtigen sind, welche Hilfe die Verwaltung anbieten kann usw. Bürgerräte sind neuerdings in die Vorarlberger Verfassung aufgenommen – aber ich glaube doch, dass wir hier eine noch klarere, intensivere Form des Miteinanders gefunden haben. Ich freue mich jedenfalls auf die nächste Sitzung, die von jeder der drei Gruppen einberufen werden kann.

Um diese Anliegen, die im Visionsteam besprochen werden, auch nach außen zu kommunizieren, braucht es bürgernahe Strukturen. Vielleicht könnten diese Briefe hier weiter dienen – eine Stadt schreibt sich selbst. Wir sind uns jedenfalls sicher, dass das Visionscafé als Ort der freien Begegnung von Visionären dienen kann, habe ich mir doch letzten Samstag z.B. erzählen lassen, wie der Dialog in einem Teil der Verwaltung Fuß gefasst hat. Ich habe mich redlich gefreut, da ich das Bild der herzlichsten Stadt Österreichs nie vergessen habe.
Neues Visionscafé

Da der Mietvertrag für das erste Visionscafé abgelaufen ist (die Stadt kam für die Miete auf), zieht das Visionscafé um. Als wir uns beim „Austrinken“ bei Susanne Ratz dafür bedankten, dass wir ihr Lokal und auch ihren Garten benutzen haben dürfen, da war es ihr anzusehen, wie lieb ihr diese Treffen in ihrem Haus geworden waren. Sie hätte uns auch noch umsonst für eine Weile beherbergt. Das Team aber hatte beschlossen, mit den Gegebenheiten zu fließen. Etwas Neues sollte entstehen. Kaum hatten wir den Wunsch nach einem neuen Lokal geäußert – da flatterte schon eine Antwort herein. Das klingt fast magisch – und ist es auch 
Für die nächste Etappe wird keine Miete zu zahlen sein, da Markus Schadenbauer als kluger Geschäftsmann uns die neuen Räumlichkeiten im Beck-Areal umsonst zur Verfügung stellt. Er hat erkannt, dass das erste Visionscafé mit all seinen kleinen Veranstaltungen bereits eine liebevolle „Bespielung“ der Marktstraße war – und dass das unterstützt gehört, da alle Beteiligten sich bereit erklärten, weiterhin ehrenamtlich für diesen Treffpunkt zu arbeiten.
Letzte Woche fand eine Begehung statt. Sechziger Jahre war der einhellige Tenor. Schaffen wir es, das Café danach einzurichten? Nina stellte sofort ihre Eames-Stühle zur Verfügung, Hubert seinen Tisch. Ein Regal und Stühle werden noch gesucht, während die Männer (Hubert, Johannes, Dietmar, Clemens) am Freitag schon eine Wand entfernen und heute an diesem verregneten Montag das zukünftige Café ausmalen… Die Frauen organisieren Geschirr, und auch die Verwaltung stellt zur Verfügung, was wir noch brauchen können – DANKE!

Für mich ist dieses Café eine Besonderheit. Nirgends sonst werde ich in dieser verbindenden Herzlichkeit empfangen – wir freuen uns alle darüber, einander mit unseren Ideen und Energien für die Stadt zu begegnen. Nirgends sonst kann ich dem Bürgermeister so einfach als Mensch begegnen und nirgend woanders kann ein Politiker liebevoll erfahren, dass die Bürger nicht seine Feinde sind. Wir wollen alle das Gleiche: Wohl für die Stadt, die wir selbst sind. Mit Freude mitgestalten, sich einbringen, und gemeinsam das feiern, was wir erreicht haben: Noch ist es eine kleine Belebung der Marktstraße, die sich aber auf den Schlossplatz ausdehnen soll. Keine großartigen Events, sondern spontaner, lebendiger Austausch untereinander, der überall nachgeahmt werden kann und soll!

Am kommenden Samstag, den 8. Juni feiern wir die Neueröffnung des Visionscafés im Beck-Areal in der Marktstraße. Wir laden Sie von 10 bis 13 Uhr ganz herzlich dazu ein! Der Kaffee kostet nix und über jeden Kuchen, den Sie mitbringen, freuen sich alle  Ach ja, hab ich schon erwähnt, dass ich begeistert bin??

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