Von Elias Canetti
Zehn muss gar nichts und darf alles; Zwölf ist ein sanftes Wesen, das
alle Dinge auf eindringliche Art betrachtet. Zwanziger und Dreissiger
führen ein verantwortungsloses Leben, während Vierziger und Fünfziger
zur Nachdenklichkeit neigen. Achtundachtziger hingegen sind hart und
herzlos, weil sie die meisten ihrer Mitmenschen zwangsläufig überleben
werden ...
Manchmal muss man eben lügen, um einer Wahrheit zu ihrem vollen Ausdruck
zu verhelfen: dass wir unser Leben nämlich vom Tode her führen. Mit den
Befristeten hat Canetti eigentlich kein Drama, sondern ein
phantastisches Gedankenexperiment über die Bedeutung der Sterblichkeit
in Dialogform geschrieben: Die Menschen heissen wie die Zahl ihrer
Lebensjahre. Der Augenblick ihres Todes ist ihnen bekannt. Sie sterben
genau zu dem Zeitpunkt, der in einer versiegelten Kapsel festgehalten
ist; jedem Neugeborenen wird sie wie ein Kruzifix um den Hals gelegt.
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