Zugemüllt

 
Das war eine Aufregung. Vor einem Jahr entschied sich Landeshauptmann Markus Wallner für einen neuen Weg. Er holte sich die Grünen in die Landesregierung und verzichtete auf die Freiheitlichen. Für die Blauen war in Vorarlberg damit die Sonne vom Himmel gefallen. Sie bliesen bundesweit zur Attacke. Aus ganz Österreich wurde das Landhaus in Bregenz von blauen Kameraden mit E-Mails zugemüllt. Hunderte und Hunderte. Es war eine gut organisierte Stimmungsmache. Ein Erfolg war ihr nicht beschieden.


Bei der Debatte über die Regierungserklärung bot sich dann im Landtag ein eigenartiges Bild. FPÖ-Klubobmann Dieter Egger kritisierte, dass in dem 79 Seiten starken Regierungsprogramm der schwarz-grünen Koalition die grüne Handschrift nicht erkennbar sei. Als ob er sich eine solche gewünscht hätte …

Immerhin hatte der grüne Koalitionspartner viele Ideen zu Energiefragen, zum Landschaftsschutz und zu sozialen Problemen im Programm verankern können. Egger musste sich von ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück einen schweren Vorwurf gefallen lassen: Für die Vorstellungen der Blauen zu einem gemeinsamen Regierungsprogramm hätte es nicht 79 Seiten gebraucht. Da hätte ein kleiner Spickzettel genügt.

„Die Freiheitlichen hätten das Programm der Österreichischen Volkspartei ohne jegliche Änderung akzeptiert“.

Die Freiheitlichen hätten das ÖVP-Programm ohne jegliche Änderung akzeptiert, wenn sie nur in die Regierung gekommen wären. Es ging also nicht um Themen, sondern nur um Posten. Wie man im Volk so salopp formuliert: Dieter Egger wäre unter dem Teppich in die Regierung gekrochen.

Nur besonders naive Zeitgenossen wundern sich darüber, dass die Grünen in der Landesregierung ihr eigenes Programm nicht zu hundert Prozent durchsetzen können. Sie sind eine kleine Gruppierung, die der verkrusteten schwarzen Gesellschaftspolitik immerhin einen wertvollen Farbtupfer verleiht. Sie haben den Fuß in der Tür und können so auch manche Fehlentwicklung verhindern. Und die Neulinge im grünen Landtagsklub nicken nicht einfach die Regierungspolitik ab. Wenn man die Alternative bedenkt, kann man mit Wallners neuem Weg durchaus zufrieden sein.

Die Vorarlberger Landesverwaltung funktioniert gut. Und auch die schwarz-grüne Landesregierung steht am ersten Geburtstag besser da, als es manche wahrhaben wollen. Diese neue Zusammenarbeit kann ein sehr langfristiges Projekt werden. Das weiß auch Dieter Egger. Er hat sich und den Blauen den Weg in die Landesregierung verbaut. Deshalb bemüht er sich auch so angestrengt um das Amt des Bürgermeisters in seiner Heimatstadt. Seine blauen Landtagskameraden unterstützen ihn dabei auffallend rührend.

arnulf.haefele@vorarlbergernachrichten.at
Arnulf Häfele ist Historiker und Jurist.
Er war langjähriges Mitglied des Vorarlberger Landtags.

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