Briefe an die Bewohner/innen einer Stadt
Von Gabriele Bösch
Strahlen, leuchten, lachen, küssen / begrüßen, sprechen, hören, flüstern /
suchen, denken, zuhören, schenken / träumen, wachen, schenken lassen /
vortragen, schreiben, malen, zeichnen / schauen, tragen, dienen, helfen /
zweifeln, ringen, finden, lieben / begeistern, trauen, wollen, fühlen /
essen, trinken, teilen, rauchen / sonnen, freuen, tauschen /
kehren, wünschen, grübeln, lauschen / schneiden, kleben, haften, tauchen /
sammeln, mischen, geben, nehmen / warten, zittern, präsentieren /
wundern, schweigen, sinnen, halten / fragen, forschen, übersetzen /
sitzen, gehen, stehen, räkeln / blättern, lesen, SINN erfahren /
glauben, spüren, wissen und vertrauen – und sich verneigend gehen …
aus dem zweiten Teil der Zukunftswerkstatt direkt hinein in die kreierte Zukunft. Wie kann man das an jemanden vermitteln, der nicht dabei war? Das sind nur ein paar Verben, die mir einfallen, was wir hundert Visonäre alles am vergangenen Samstag zusammen getan haben. Ich jedenfalls hatte das Gefühl, dass wir an diesen beiden Tagen bereits das Hohenems 2033 gelebt haben, und das war für mich einfach nur schön.
Im ersten Teil der Zukunftswerkstatt, der mir so viel Spaß bereitet hatte, durften wir frei phantasieren und auch träumen. Das hat mir und vielen anderen unendlich Mut gemacht. Erst wenn wir ins Phantasieren kommen, lässt unser Verstand auch jene Ideen zu, die wir ansonsten zögern auszusprechen, weil sie vielleicht etwas kosten, weil es immer von irgendwoher ein „aber“ gibt. Jene Methoden aber, die in die Krise führten, sind nicht dazu geeignet, die Krise zu bewältigen; das wusste schon Einstein. Und wie hundert kleine Einsteins haben wir uns dann auch aufgeführt. Wir ließen Räder schweben, ja! Wissen Sie, dass das ZDF letztes Jahr eine aufwändige Dokumentation gestaltete, wie wir im Jahr 2050 leben werden, wenn wir die laufenden Forschungen hochrechnen? Dann fliegen nämlich Autos am Himmel! Wir vernetzten also unsere Ideen mit jenen aus den vielen verschiedenen Workshops im Rahmen der Vision Stadt Hohenems mit unserem vielfältigen Wissen und jenem der ETH Zürich. Wir imaginierten, dass wir uns bereits im Jahr 2033 befänden und präsentierten die tollen Ergebnisse der 16 Tische höchst kreativ in Form von Nachrichten, Pantomime, Interviews und vielem mehr. Wir haben uns gegenseitig unterstützt, wir haben herzhaft gelacht, und nebenbei haben wir gelernt, was Dialog heißt: Hören. Sich selbst beobachten und Meinungen in der Schwebe halten. Schweigen. Sprechen. Schweigen. Hinhören. Schweigen. Ohne „aber“. Ohne „entweder – oder“. In der Haltung des „sowohl als auch“. Damals sagten wir uns zum Abschied jeder ein Wort, unter dessen Filter wir in der Zwischenzeit in die Welt schauen wollten. Hundert Wörter, die trugen: Freude, Hoffnung, Bewusst Sein, Unterstützung, Friede, Liebe, Herzlichkeit …
Als ich am vergangenen Samstag dann im Eingang der Otten Gravour stand, beobachtete ich die Gesichter der ankommenden Menschen. Ich freute mich redlich, diesen hundert Menschen wieder zu begegnen und umgekehrt sah ich ihre Freude: Dass wir einander wieder trafen, um miteinander zu gestalten. Es liegt eine Weisheit im Miteinander Tun.
Die erste Aufgabe des Morgens war es, zwei Menschen gegenüber einen Dank auszusprechen. So sprach ich an diesem Morgen aus, dass ich dankbar dafür sei, dass sich hunderte Bienen auf meinen Krokussen tummeln. Prompt erfuhr ich von Werner, dass er Imker sei. Was für ein Geschenk des Zufalls!
Dann ging es darum, an wechselnden Tischen die Visionen noch einmal in Form eines zukünftigen Prospektes für Hohenems zu verdichten, so, wie wir Hohenems im Jahr 2033 unseren Gästen vorstellen möchten. Die fliegenden Fahrräder und andere phantastischen Dinge sind in diesem Schritt weggefallen, aber sie werden in unseren Köpfen als Sinnbild für Verkehrsberuhigung hängen bleiben. Wir werden das nicht vergessen. Ein Bild wirkt mehr als tausend Worte.
Auf einem separaten Abschnitt sollten wir zusätzlich pro Tisch zehn prägende Eigenschaftswörter für Hohenems im Jahr 2033 aufschreiben. Das wurde in der Pause synchron analysiert und gerechnet und in einem Bild sichtbar gemacht. Die Größe der Wörter entsprach der Häufigkeit, in der sie genannt wurden. Es wurde klar, dass es um Lebensqualität geht, nicht um Lebensstandard. Das ganze Identitätsprofil von Hohenems im Jahr 2033 sehen Sie dann im Visionsmagazin 1. Hier nur ein paar Beispiele: Interessanterweise haben sich jetzt wirklich Schwerpunkte herauskristallisiert. Während z.B. eine Gruppe die Form der zukünftigen Bildung formulierte, hat eine andere diese auch schon verortet. An einem Tisch wurden die Wege der Nachhaltigkeit definiert, an einem anderen entstand das wunderbare Wort Lebensplätze, was nichts anderes bedeutet, als dass der öffentliche Raum lebendiger wird… usw. Überhaupt schwebte für mich über allen Präsentationen schon eine „Verräumlichung“ der Ideen. Ich wüsste jetzt zu gern, ob ich mich da täusche. Ich konnte mir natürlich nicht alles merken…
Zuletzt sollten wir die Schritte formulieren, die jetzt im Jahr 2013 einzuleiten sind. Dass da ganz oben gefordert wurde: Sachpolitik statt Parteipolitik, wird kein Geheimnis bleiben.
Zum Schluss der ZW beschenkten wir uns gegenseitig. Jeder schrieb auf eine Karte, wie er persönlich Verantwortung für die Vision Stadt Hohenems übernehmen wird. Die „Vision leben“ formulierte Julia. Und sie mit ihren 16 Jahren hat das für mich auf den Punkt gebracht. All diese oben genannten Eigenschaftswörter können wir durchaus jetzt schon leben. Seien Sie herzlich eingeladen, mitzumachen!
Dietmar Walser hat von der Zukunftswerkstatt am 09.03.2013 ein eindrucksvolles Kurzvideo gedreht. DANKE!
http://youtu.be/ep2gKm8KWQk
Wie es weitergehen wird:
Im Visionsmagazin 1, an dem wir bald zu arbeiten beginnen, wird beschrieben werden, was das heißt, einen Weg miteinander zu gehen. Das Visionsmagazin 2 war unser Arbeitsheft während der Zukunftswerkstätten. Im Visionsmagazin 3 und 4 geht es dann ums Einfassen, Zusammenfassen, Filtern und Destillieren. Es geht um die Prioritäten und Tendenzen von Menschen, die in Hohenems arbeiten, wohnen und lieben.
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