Wie viel Bundesheer braucht Österreich?

Einfach Sinn und los!

Argumente für die Abschaffung der Wehrpflicht

Johannes Rauch in der Aktuellen Stunde, Landtagssitzung 14. November 2012/

Link: Johannes Rauch (Grüne) – Wikipedia

Es gilt das gesprochene Wort
„Für die voraussehbare Zukunft besteht keine konventionelle militärische Bedrohung des österreichischen Staatsgebiets... Kräfte, die für die Verteidigung auf österreichischem Territorium gegen konventionelle Bedrohungen bestimmt sind, sind in der Präsenzstruktur des Österreichischen Bundesheeres daher nicht mehr im bisherigen Umfang erforderlich.“
So lauten die einstimmigen Empfehlungen der Bundesheer-Reformkommission. Die militärische Landesverteidigung hat als Schlüsselaufgabe des Heeres ausgedient. An ihre Stelle tritt eine einzige militärische Aufgabe: internationale Einsätze für die Vereinten Nationen.
Aber wie viel Bundesheer braucht Österreich dazu? Und welches? Und was tritt an die Stelle des Zivildienstes, wenn die Wehrpflicht abgeschafft wird?


Dazu die Antworten auf Basis der Fakten:
  1. Österreich hat ein Berufsheer. Mehr als 21.000 Planstellen sind in Heer und Ministerium besetzt – zu zwei Dritteln mit „Systemerhaltern“, wie die Verwaltungsbeamten im Militär genannt werden.
     
  2. Dazu kommen pro Jahr 23.000 Präsenzdiener. Sie werden notdürftig ausgebildet. Mehr als 13.000 von ihnen landen nach kurzer und oberflächlicher „Grundausbildung“ selbst in der „Systemerhaltung“ – als Schreibkräfte, Chauffeure, Küchengehilfen, Putzkräfte und Kellner. Einige von ihnen dienen hohen Offizieren als Ordonnanzen.
     
  3. „Alles grüßen, was sich bewegt, alles putzen, was sich nicht bewegt“ – das ist das tägliche Motto eines Dienstes, in dem blinder Gehorsam und sinnlose Tätigkeit jedem Zwangsrekrutierten ein halbes Jahr seines Lebens kosten.
     
  4. Nur eine Minderheit der Präsenzdiener landet bei der Truppe und wird dort an alten Kampfpanzern und noch älteren Geschützen ausgebildet.
     
  5. Alle wissen, dass Österreich weder Kampfpanzer noch Artillerie braucht – weil wir von befreundeten Staaten umgeben sind. Unsere Sicherheit heißt nicht „Militär“, sondern Europa.
     
  6. Wenn Österreich selbst nicht militärisch bedroht ist – warum sollen unsere Soldaten dann an militärischen Einsätzen im Ausland beteiligen? Die Antwort darauf heißt „Solidarität“. Wir helfen auch mit Waffen, wenn Menschen Schutz brauchen und es Schutz ohne Waffen nicht gibt. Wir sind die ersten Generationen, die eine neue und grundlegende Entwicklung zum Besseren erleben: die Globalisierung von Menschenrechten, Rechtsstaat und Demokratie.
     
  7. Sowohl Internationaler Strafgerichtshof als auch UNO brauchen zur Durchsetzung ihrer Entscheidung militärische Mittel. Staaten wie Österreich stellen sie ihnen zur Verfügung.
     
  8. Für die schwierigen und meist gefährlichen internationalen Einsätze als letzter verbleibender militärischer Aufgabe braucht Österreich gut ausgebildete professionelle Kräfte. Sie sollen das leisten, was österreichische Einsätze schon bisher ausgezeichnet hat: Sicherheit schaffen im Übergang von bewaffneten Konflikten zu stabilen friedlichen Verhältnissen.
     
  9. Dazu braucht das Bundesheer weit weniger als die Hälfte der derzeitigen Planstellen. Das neue Freiwilligenheer wird damit deutlich billiger als das alte Berufsheer mit Zwangsdienst.
     
  10. Was soll vom alten Heer bleiben? Gut geschützte Radpanzer zum Transport der leichten Infanterie in den Auslandseinsätzen; die Pioniere mit ihrem schweren Gerät als Kern eines modernen Katastrophenschutzes; die ABC-Einheiten zum Schutz bei atomaren, biotoxischen und chemieverursachten Katastrophen; Hubschrauber statt Kampfflugzeugen; und das Heeresnachrichtenamt als bewährte Einrichtung zur Erstellung verlässlicher Lagebilder.
     
  11. Wer sind die neuen Freiwilligen? Schlechte Beispiele wie Belgien zeigen, dass Söldner die falsche Antwort sind. Österreich soll einen neuen Weg gehen und den zehnjährig-Freiwilligen nach ihrem Dienst beim Heer eine sichere berufliche Perspektive bilden: bei der Polizei. Genau dort werden verlässliche und international erfahrene Sicherheits-Profis gebraucht. Eine gemeinsame Grundausbildung soll dazu die Basis legen.
     
  12. Für Wehrpflichtige ist im neuen System kein Platz. Niemand braucht sie – mit Ausnahme einiger Generäle des Berufsheeres und der Miliz, die mit der Reform ihr Kriegsspielzeug verlieren.
     
  13. Und die Demokratie? Zeigt nicht gerade das Jahr 1934 in Österreich, dass ein Berufsheer gefährlich ist? Die Geschichte zeigt: Die politische Gefahr „Militär“ hängt nur von einem ab: von der Stärke und Stabilität der Demokratie selbst. Vom Dritten Reich vor mehr als siebzig Jahren bis zum heutigen Syrien hat die Wehrpflicht niemanden vor Diktatur und Missachtung aller Menschenrechte geschützt. Und in Großbritannien kommt zurecht niemand auf die Idee, das eigene Militär könne die britische Demokratie gefährden.
     
  14. Aber wer ersetzt den Zivildienst? Ganz einfach: gut ausgebildete und normal bezahlte Fachkräfte, in den Pflegehilfsdiensten und als Rettungsfahrer. Wer jemals Zivildienst geleistet hat, weiß: Alte, kranke und hilfsbedürftige Menschen verdienen sich Besseres als gut motivierte und schlecht ausgebildete Zivildiener.
     
  15. Und wer garantiert einen ausreichenden Katastrophenschutz? Auch diese Antwort fällt leicht: die, die ihn schon bisher verlässlich garantiert haben: die Feuerwehren, die schon heute weit mehr als neunzig Prozent der Einsätze verlässlich und erfolgreich leisten; und die Pioniere, wenn schweres Gerät gebraucht wird.
     
  16. Die Feuerwehren brauchen keine Zwangsrekruten. Sie brauchen bessere Regelungen für Dienstfreistellungen und budgetäre Unterstützung für ihre Investitionen. Auch Deutschland zeigt: Der beste Katastrophenschutz ist zivil und freiwillig mit professioneller Unterstützung für Spezialaufgaben.
     
  17. Am 20. Jänner wird nur über eine einzige Frage abgestimmt: Soll die Wehrpflicht als militärischer Zwangsdienst abgeschafft werden? Erst wenn diese Frage mit „Ja“ beantwortet ist, ist der Weg für die große, überfällige Reform frei.
     
  18. Auch wenn die amtliche Frage schlecht und missverständlich formuliert ist – bei der Volksbefragung am 20. Jänner empfehlen die Grünen, für die Abschaffung der Wehrpflicht zu stimmen.    

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