Keine Schrebergarten-Mentalität: In Sulz bewirtschaften 15 Hobby-Biobauern ein Feld.
Sulz. Die Zucchini wiegt vier Kilo, der Kürbis noch viel mehr. Die Ernte im „Garten Unser“ ist schon im ersten Jahr üppig ausgefallen. Der „Garten Unser“, das sind 600 Quadratmeter Feld. Und es sind 15 Vorarlberger, die sie gemeinsam bewirtschaften. Keiner hat sein eigenes Beet – alle machen alles. Dass niemand zum Jäten und alle nur zum Ernten kommen wollen? Fehlanzeige.
Der Verein „Garten Unser“ hat heuer eine reiche Ernte eingefahren.
Fotos: VN/Paulitsch
Ein eigener Garten ist für viele
nicht mehr Teil der Lebensrealität. Ein Balkon ist da schon Luxus. Auch
aus diesem Grund hatten Florian Fulterer und drei seiner Freunde im
vergangenen Winter die Idee. Sie wollten wissen, wo ihr Gemüse herkommt.
Das Feld wurde gepachtet, weitere Mistreiter im Bekanntenkreis gesucht
und schnell gefunden. Bio-Permakultur ist ihr Konzept: Also ein
nachhaltiger, naturnaher Kreislauf.
50 Euro
beträgt der Mitgliedsbeitrag. Wenn das Geld aufgebraucht ist, wird
wieder gesammelt. Nach dem ersten Jahr ist die Kasse noch nicht leer.
Auch deshalb, weil viele geholfen haben. Die Feuerwehr Sulz etwa hat
einmal die Wassertanks gefüllt, andere Familien haben einen Teil ihres
Komposts gespendet.
Modedesignerin und Lehrer
Die
Hobby-Bauern sind eine bunte Truppe. Die 35-jährige Modedesignerin
Kasandra Hipp aus Feldkirch ist dabei, und der Sportpädagoge Stefan
Stranner. Florian Fulterer aus Klaus (30) ist Lehrer im Schulheim Mäder.
Sein achtwöchiger Sohn Jorin ist wohl das jüngste Mitglied. Die
Zusammenarbeit hat Vorteile: Wer im Urlaub ist, muss sich nicht darum
sorgen, ob das Gemüse die Absenz überlebt. Größere Entscheidungen werden
gemeinsam getroffen. Ansonsten gibt es funktionierende Anarchie. „Für
manche ist es ein Fleck zum Erholen, andere buddeln gerne“, erzählt
Stefan Stranner, dass die anfallende Arbeit auch ohne Zwang und strikte
Einteilung erledigt wird.
Ähnliche Projekte
sprießen auch in Lustenau, Satteins oder Bangs. Dort haben die Sullner
Rat eingeholt. Klar ist: Pestizide werden nicht verwendet. Dass die
Schnecken ein paar Salatblätter wegknabbern, wird in Kauf genommen. Im
„Garten Unser“ werden hauptsächlich alte Sorten verwendet, die nicht
hybridisiert wurden. Ein Teil der Samen kann also im nächsten Jahr
wieder gesät werden. Was logisch klingt, ist längst nicht mehr Praxis:
Hybrid-Saat ist in der Landwirtschaft und im Baumarkt Standard. Gurken
und Mais sehen dann hübsch aus. Die Saat kann im nächsten Jahr aber
nicht mehr verwendet werden. Perfektion ist im Bio-Garten kein Ziel.
„Wir haben eben Zucchini in lustigen Formen. Im Supermarkt findet man
nie krumm Gewachsenes“, erzählt Fulterer.
Ein Meer an Kürbissen
An
den Gemüseregalen waren die Hobby-Bauern heuer ohnehin selten zu
finden. Gemüse haben sie im Überfluss, nur eben nicht von allen Sorten:
„Wir haben zu wenige Zwiebeln und gar keinen Knoblauch angepflanzt.
Dafür viel zu viele Kürbisse“, erzählt Stefan Stranner. Dafür zeigen sie
sich auch spendabel, wenn Spaziergänger neugierig Fragen stellen. „Wer
vorbeikommt, bekommt einen Kürbis“, verspricht er.
Mit
Landwirtschaft hatte zuvor keiner der Vereinsmitglieder etwas zu tun.
Schlauer sind sie jetzt, und haben heuer gelernt: Es funktioniert.
Deshalb wächst der Garten bald: Das gesamte 1800 Quadratmeter große Feld
wird im kommenden Jahr bewirtschaftet. Neue Hobbygärtner sind dann
willkommen.
Kontakt: himmel@gartenunser.org
Link: gartenunser.org
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