Fahrradweg in Kopenhagen
Das Fahrrad-Vorbild Kopenhagen will seinen Radfahrer-Anteil weiter
erhöhen. Neue Schnellwege sollen in den Vororten die Lust wecken, ins
Zentrum zu radeln.
Kopenhagen gilt seit ein paar Jahren als eine der hipsten Fahrradmetropolen der Welt. Jeder zweite Stadtbewohner nutzt für die Strecken im Zentrum das Velo. Radfahren ist hier chic, sicher, einfach und schnell. Ganz anders ist die Lage in den Vororten: Von dort fahren die Pendler zum größten Teil mit dem Auto in die Innenstadt.
Um das zu ändern, wird in den kommenden Jahren ein umfassendes Radwegenetz gebaut. 26 breite Schnellstraßen sollen dann die Außenbezirke mit dem Zentrum verbinden. Die Pilotstrecke, der C99, wurde im April eingeweiht.
300 Kilometer Wegenetz geplant
Hat man den C99 erst einmal gefunden, führt er seinen Fahrer mit Sicherheit ans Ziel. Die Planer haben einen faustbreiten rot-orangefarbenen Streifen auf den glatten Asphalt pinseln lassen. Er markiert als Leitlinie den 17 Kilometer langen Weg von Kopenhagens Szene-Stadtteil Vesterbro in den Vorort Albertslund.
Geht es nach den Verkehrsplanern, pendeln hier in spätestens drei Jahren täglich Hunderte von Radfahrern zwischen Wohnort und Arbeitsplatz. "Seit April ist der Anteil der Radfahrer auf dieser Route bereits deutlich gestiegen", sagt Kristine Liljenberg, Mitarbeiterin vom Radsekretariat Cykelsuperstier der Stadt Kopenhagen. Genaue Zahlen kennt sie noch nicht. Dafür ist das Projekt zu jung.
Wichtiger als jede Prozentzahl ist den Radlobbyisten zunächst die Signalwirkung dieser Fahrradstraßen. "Entscheidend ist, dass Radfahrer auf ihren Fahrbahnen die gleichen Vorzüge genießen wie Autofahrer", sagt Frits Bredal vom Dänischen Fahrradverband. Im Zentrum ist das bereits seit Jahrzehnten Standard. Dort sind die Radspuren bis zu vier Meter breit, sie verlaufen durchgehend, hindernisfrei und sind klar von den Kraftfahrzeugspuren getrennt.
Diese Rahmenbedingungen sollen auch in den Vororten selbstverständlich werden. Der Grund ist simpel: "Wir wollen dort den Autoverkehr reduzieren, um die Staus zu verringern", sagt Kristine Liljenberg. Deshalb haben sich vor einigen Jahren 22 Kommunen aus Kopenhagens Umland zusammengeschlossen und ein Radsekretariat für die Cykelsuperstiers gegründet. Dessen Mitarbeiter planen mit den Kommunen und der Stadt Kopenhagen das 300 Kilometer umfassende Radwegenetz.
Praktisches Trittbrett an einer Ampel auf dem Cykelsuperstier 99 in Kopenhagen
Einige erste Punkte dafür existieren schon. Entlang des C99 wurden alle 1,6 Kilometer Servicestationen mit Luftpumpen errichtet, und vor den Ampeln wurden Haltegriffe nebst Trittbrett für die Radfahrer angebracht. Das ist nicht wirklich notwendig, erleichtert aber das Anfahren ungemein. Im Winter kehrt zudem ein Schneeräumdienst die Fahrbahn.
Der große Vorteil des neuen Cykelsuperstier ist eindeutig seine Streckenführung. Nur selten verläuft die Route entlang der Hauptverkehrsstraße. Stattdessen pedaliert man über weite Passagen durchs Grün. In den Vororten führt der Weg oftmals unmittelbar durch die Wohngebiete der Pendler und im Zentrum durch die grünen Hinterhöfe der Altstadt.
Staat will Ausbau finanziell unterstützen
Zwischen 55 und 118 Millionen Euro wird das Radwegenetz kosten, je nach Ausstattung. 60 Prozent zahlen laut Liljenberg die Städte und Gemeinden selbst. Im Juni hat die dänische Regierung angekündigt, dass sie einen neuen nationalen Fonds mit einem Volumen von 25 Millionen Euro einrichten wird, um den Bau von Fahrrad-Super-Highways in den Städten zu fördern. Das Cykelsuperstier-Sekretariat hofft auf finanzielle Unterstützung aus diesem Topf.
Die Chancen stehen nicht schlecht. Radfahrer haben in Kopenhagen seit Jahren eine große Lobby, in der Stadtverwaltung gibt es ein eigenes Radbüro. Der dänische Fahrradverband tritt für die Rechte der Radfahrer bereits seit den Siebzigern ein, als das Auto noch das tonangebende Verkehrsmittel in der Hauptstadt war.
"Damals wurden Radwege zu Autostraßen umgewidmet, sehr zum Missfallen vieler Kopenhagener", sagt Liljenberg. Die Menschen wollten ihre Radspur zurück und protestierten. "Tausende gingen auf die Straße", erinnert sie sich. Sie forderten den Rückbau der Wege und eine fahrradfreundliche Verkehrspolitik. Die Proteste fielen zusammen mit der Ölkrise. Die Spritpreise waren hoch, und in Dänemark wie in Deutschland gab es autofreie Sonntage. "Der Ausbau der Radinfrastruktur war nur eine logische Konsequenz aus den Umständen", findet Bredal.
Mittlerweile gibt es in Kopenhagens Zentrum kaum ein besseres Transportmittel als das Rad. Es gilt als die schnellste, einfachste und sicherste Variante, um von A nach B zu kommen. Wie in anderen Großstädten sind ein Großteil der zurückgelegten Wege nicht mehr als fünf Kilometer lang. Jede sechste Familie hat ein Lastenrad. Damit transportiert sie den Wocheneinkauf, die Kinder oder sperrige Teile wie Matratzen oder Holzlatten. Diese Selbstverständlichkeit, sich mit dem Fahrrad fortzubewegen, soll sich nun in die Vororte ausbreiten. Ende des Jahres wird der zweite Radschnellweg eröffnet.
Quelle: ZEIT ONLINE
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