von eliot weinberger
1992, ein jahr nach dem ersten golfkrieg, hörte ich dick cheney, damals verteidigungsminister, sagen, die usa hätten gut daran getan, nicht in bagdad einzumaschieren und „sich in den sumpf der probleme bei dem versuch, die macht zu übernehmen und den irak zu regieren, hineinziehen zu lassen“. ich hörte ihn sagen: „folgende frage beschäftigt mich: wie viele zusätzliche amerikanische opfer ist saddam wert? und die antwort lautet: verdammt nicht sehr viele.“
im februar 2001 hörte ich colin powell sagen, saddam hussein habe „kein bedeutsames potential an massenvernichtungswaffen entwickelt. er ist nicht in der lage, konventionelle gewalt gegen seine nachbarn auszuüben.“
im selben monat hörte ich, ein bericht der cia stellte fest: „wir haben keinen unmittelbaren hinweis darauf, dass der irak die zeit seit dessert fox genutzt hat, um seine programme für massenvernichtungswaffen wieder aufzubauen.“
zwei monate später hörte ich condoleezza rice sagen: „wir sind in der lage, seine waffen von ihm fernzuhalten. seine kriegsmacht ist nicht wieder hergestellt worden.“
am 11. september 2001, sechs stunden nach den angriffen, hörte ich, dass donald rumsfeld sagte, dies sei eine gelegenheit, den irak zu „erweichen“. ich hörte, dass er sagte: „jetzt wird geklotzt. und aufgeräumt. zusammenhang hin oder her.“
ich hörte, dass condoleezza rice fragte: „wie schlägt man aus diesen gelegenheiten kapital?“
ich hörte, der präsident habe am 17. september ein dokument mit dem vermerk „top secret“ unterzeichnet, das das pentagon anwies, mit den planungen für die invasion zu beginnen, und das er einige monate später heimlich und widerrechtlich 700 millionen dollar, die der Kongress für operationen in afghanistan genehmigt hatte, zur vorbereitung der neuen front umleitete.
im februar 2002 hörte ich, ein ungenannter „hoher armeekommandeur“ habe gesagt: „wir ziehen militärisches und nachrichtendienstliches personal und geld aus afghanistan ab, um uns an einem künftigen krieg im irak vorzubereiten.“
ich hörte den präsidenten sagen, der irak sei „eine bedrohung von außerordentlicher dringlichkeit“ und es bestehe „kein zweifel, dass das irakische regime nach wie vor die tödlichsten waffen besitzt, die je entwickelt worden sind“.
ich hörte den vizepräsidenten sagen: „einfach gesagt besteht kein zweifel, dass saddam hussein jetzt massenvernichtungsmittel hat“.
ich hörte den präsidenten vor dem kongreß sagen: „die gefahr für unser land ist ernst. die gefahr für unser land wächst. das regime trachtet nach der atombombe und könnte sie mit spaltbarem material binnen einem jahr bauen.“
und am selben tag hörte ich ihn sagen: „die gefahren, denen wir uns gegenüber sehen, werden von monat zu monat, von jahr zu jahr nur noch schlimmer. diese bedrohungen zu ignorieren heißt, sie zu fördern. und wenn sie ganz real geworden sind, könnte es zu spät sein, uns, unsere freunde und unsere verbündeten zu schützen. dann hätte der irakische diktator die mittel, die regionen zu terrorisieren und zu beherrschen. jeder weiter tag könnte derjenige sein, an dem das irakische regime einen terroristischen verbündeten anthrax oder vx-nervengas oder eines tages auch eine atomwaffe gibt.“
ich hörte den präsidenten in der rede zur lage der nation sagen, der irak verstecke 25000 liter anthrax, 38000 liter botulin und 500 tonnen sarin, senf- und nervengas.
ich hörte den präsidenten sagen, der irak habe versucht, uran – später als „yellowcake“ –uranoxid aus niger spezifiziert – und tausende von aluminium – röhren zu kaufen, „ die für die produktion von atomwaffen geeignet sind“.
ich hörte den vizepräsidenten sagen: „wir wissen, dass er es geradezu darauf anlegt, atomwaffen zu erlangen, und wir glauben, dass er atomwaffen tatsächlich wieder hergestellt hat.“
ich hörte den präsidenten sagen: „stellen sie sich diese 19 entführer mit den anderen waffen und anderen plänen vor, diesmal von saddam hussein bewaffnet. ein fläschchen, ein kanister, eine kiste, in dieses land geschmuggelt, könnte einen tag des schreckens bringen, wie wir noch keinen erlebt haben.“
ich hörte donald rumsfeld sagen: „manche behaupten, die nukleare bedrohung durch den irak sei nicht aktuell. ich wäre mir da nicht so sicher.“
ich hörte den präsidenten sagen: „amerika darf die bedrohung, die sich gegen uns aufbaut, nicht ignorieren. angesichts klarer hinweise auf die gefahr können wir nicht auf den endgültigen beweis warten – den rauchenden revolver -, der die form eines atompilzes annehmen könnte.“
ich hörte condoleezza rice sagen: „wir wollen nicht, dass der „rauchende revolver“ ein atompilz wir.“
ich hörte den us-amerikanischen botschafter bei der europäischen union zu den europäern sagen: „sie in europa hatten hitler, und niemand hat etwas gegen ihn unternommen. der gleiche menschentypus ist bin bagdad.“
ich hörte colin powell vor den vereinten nationen sagen: „sie können in einem einzigen monat genügend trockene biologische kampfstoffe herstellen, um tausende und abertausende von menschen zu töten. saddam hussein hat große mengen an chemischen waffen nie deklariert: 500 artelleriegranaten mit senfgas, 300 000 schwere muntition und genügend vorstufen, um seine lager bis zu 500 tonnen chemischer kampfstoffe zu steigern. unserer konservativen schätzung zufolge hat der irak heute einen vorrat von 100 bis 500 tonnen chemischer kampfstoffe. selbst die niedrigste schätzung von 100 tonnen würde saddam hussein befähigen, ein massensterben auf einem gebiet von über 250 quadratkilometern auszulösen, einer fläche, die fünfmal so groß ist wie manhatten.“
ich hörte ihn sagen: „jede aussage, die ich heute mache, wird von quellen, von fundierten quellen gestützt. das sind keine behauptungen. wir tragen ihnen tatsachen und schlußfolgerungen vor, die auf fundierten informationen beruhen.“
ich hörte den präsidenten sagen, dass, „der irak über eine wachsende flotte bemannter und unbemannter flugzeuge verfügt, die eingesetzt werden könnte, um chemische oder biologische waffen über weiten gebieten zu verbreiten“. ich hörte ihn sagen, der irak könne „einen biologischen oder chemischen angriff in nur 45 minuten nach erteilung des befehls unternehmen“.
ich hörte tony blair sagen: „ wir sollen akzeptieren, dass saddam sich entschieden hat, diese waffen zu vernichten. ich sage, eine solche behauptung ist vollkommen absurd.“
ich hörte den präsidenten sagen: „wir wissen von kontakten auf höchster ebene zwischen dem irak und al-qaida, die ein jahrzehnt zurückgehen. wir haben erfahren, dass der irak mitglieder von al-qaida in der herstellung von bomben, giften und tödlichen gasen ausgebildet hat. ein bündnis mit terroristen könnte es dem irakischen regime ermöglichen, amerika anzugreifen, ohne auch nur einen fingerabdruck zu hinterlassen.“
ich hörte den vizepräsidenten sagen: „es gibt erdrückende hinweise darauf, dass es eine verbindung zwischen al-qaida und der irakischen regierung gegeben hat. ich bin überzeugt davon, dass es da eine feste verbindung gab.“
ich hörte colin powell sagen: „vertreter des irak leugnen vorwürfe von bindungen zu al-qaida. diese leugnungen sind schlicht unglaubwürdig.“
ich hörte condoleezza rice sagen: „es gibt eindeutig kontakte zwischen al-qaida und saddam hussein, die dokumentiert werden können.“
ich hörte den präsidenten sagen: „man kann zwischen al-qaida und saddam nicht unterscheiden.“
ich hörte donald rumsfeld sagen: „stellen sie sich einen 11. september mit massenvernichtungsmitteln vor. dann sind es nicht 3000 – dann sind es zehntausende unschuldiger männer, frauen und kinder.“
ich hörte colin powell vor dem senat sagen, es komme „ein augenblick der wahrheit“: „nicht etwa, dass das hier eine akademische übung ist oder dass die vereinigten staaten nur verärgert sind. wir reden hier über reale waffen. wir reden über anthrax. wir reden über botulin. wir reden über atomwaffenprogramme.“
ich hörte donald rumsfeld sagen: „kein terroristenstaat stellt eine größere oder unmittelbare bedrohung für die sicherheit unseres volkes dar.“
ich hörte den präsidenten „zornbebend“ sagen: „diese sache mit der zeit, wie viel zeit brauchen wir, um klar zu sehen, dass er nicht abrüstet? er spielt auf zeit. er berügt. er bittet um zeit. er spielt mit den inspektoren verstecken. eines steht fest: er rüstet nicht ab. unsere freunde haben doch bestimmt ihre lehren aus der vergangenheit gezogen. das ist hier wie die wideraufführung eines schlechten films, und ich habe keine lust, ihn mir anzusehen.“
ich hörte, dem senat sei wenige tage vor der genehmigung der invasion in den irak in einer vertraulichen mitteilung vom pentagon gesagt worden, der irak könne mittels unbemannter „drohnen“ anthrax und andere biologische waffen gegen die ostküste der vereinigten staaten einsetzen.
ich hörte donald rumsfeld sagen, es werde keinen spezifischen hinweise auf irakische massenvernichtungswaffen vorlegen, weil das die militärische mission gefährden könnte, in dem man bagdad preisgebe, was die vereinigten staaten wüssten.
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ich hörte den sprecher des pentagon den militärplan a-day oder shock and awe (furcht einflößen) nennen. drei- oder vierhundert cruise missiles würden täglich abgefeuert, bis „es keinen sicheren ort in bagdad mehr gibt“, bis, „man diesen simultanen effekt hat, so wie bei den atomwaffen von hiroshima, aber nicht innerhalb von tagen oder wochen, sondern von minuten“. ich hörte den sprecher sagen: „sie sitzen in bagdad, und auf einmal sind sie der general, und dreißig ihrer divisionsstäbe sind ausradiert. sie legen auch die städte lahm. damit meine ich, dass sie dort strom und wasser abschalten. in zwei, drei, vier, fünf tagen sind sie physisch, emotional und psychisch erschöpft.“ ich hörte ihn sagen: „etwas so riesiges hat man noch nie zuvor gesehen, nie erwogen.“
ich hörte, wie generalmajor charles swannack versprach, seine truppen würden „mit dem vorschlaghammer eine walnuß knacken“.
ich hörte den sprecher des pentagons sagen: „das wird nicht der golfkrieg ihres vaters.“
ich hörte, saddams strategie gegen die amerikanische invasion sei es, dämme, brücken und die ölfelder zu sprengen sowie die lieferung von lebensmitteln in den süden abzuschneiden, sodaß die amerikaner auf einmal millionen verzeifelter zivilisten ernähren müßten. ich hörte, bagdad werde von zwei ringen der elitetruppe republikanische garden umgeben sein, deren kampfstellungen schon mit waffen und nachschub bestückt und die mit schutzkleidung gegen die giftgas- oder bakteriellen waffen ausgerüstet seien, die sie gegen die amerikanischen truppen einsetzen würden.
ich hörte vizeadmiral lowell jacoby vor dem kongreß sagen, saddam werde „eine strategie der<verbrannten erde>anwenden, nahrung, transportmittel, energie und andere teile der infrastruktur zerstören und so versuchen, eine humanitäre katastrophe herbeizuführen“, und dass er alles den amerikanern in die schuhe schieben werde.
ich hörte, der irak werde seine langstreckenraketen „scud“, ausgerüstet mit chemischen oder biologischen sprengköpfen, auf israel abschießen, „um den krieg als schlacht gegen ein amerikanisch-israelisches bündnis darzustellen und sich unterstützung in der arabischen welt zu holen.“
ich hörte, saddam habe zu seinem schutz ausgeklügelte, labyrinthische unterirdische bunker und dass es nötig werden könne, die nuklearen „bunkerbrechenden“ bomben b-61 mod 11 einzusetzen, um sie zu zerstören.
ich hörte den vizepräsidenten sagen, der krieg werde „eher in wochen als in monaten“ vorbei sein.
ich hörte donald rumsfeld sagen: „er könnte sechs tage, sechs wochen dauern. sechs monate bezweifle ich.“
ich hörte donald rumsfeld sagen, es sei „keine frage“, dass amerikanische truppen „willkommen geheißen“ würden: „damals in afghanistan waren die leute auf der straße und spielten musik, jubelten, ließen drachen steigen und machten alles, was sie unter den taliban und al-qaida nicht gedurft hatten.“
ich hörte den vizepräsidenten sagen: „der experte für den mittleren osten, professor fouad ajami, sagt voraus, nach der befreiung würden die leute auf den straßen in basra und bagdad mit ‚mit sicherheit in freude ausbrechen‘. extremisten in der region müßten ihre strategie des dschihad überdenken. gemäßigte in der ganzen region würden mut fassen. und unsere möglichkeiten, den israelisch-palästinensischen friedensprozeß voranzubringen, würden verbessert.“
ich hörte den vizepräsidenten sagen: „ich glaube wirklich, wir werden als befreier begrüßt.“
ich hörte tariq aziz, den irakischen außenminister, sagen: „die amerikanischen soldaten werden nicht mit blumen empfangen werden. sie werden mit kugeln empfangen werden.“
ich hörte, der präsident habe dem fernsehprediger pat robertson gesagt: „ach, wir werden keine verluste haben.“
ich hörte den präsidenten sagen, er habe sich mit seinem vater über den bevorstehenden krieg beraten: „wissen sie, er ist der falsche vater, um von ihm kraft zu erbitten. ich bitte einen höheren vater darum.“
ich hörte den premierminister der salomoninseln seine überraschung darüber äußern, dass sein land in der „koalition der willigen“ aufgeführt sei: „das war mir überhaupt nicht bewußt.“
ich hörte den präsidenten am abend vor beginn der invasion dem irakischen volk sagen: „wenn wir einen feldzug beginnen müssen, so ist er nicht gegen sie gerichtet, sondern gegen die gesetzlosen männer, die ihr land regieren. indem unsere koalition ihnen die macht nimmt, bringen wir ihnen die nahrung und die medikamente, die sie brauchen. wir werden den terrorapparat zerschlagen. und wir werden ihnen helfen, einen neuen irak aufzubauen, der wohlstand und freiheit genießt. in einem freien irak wird es keine angriffskriege mehr gegen ihre nachbarn geben, keine giftfabriken, keine exekutionen von dissidenten mehr, keine folterkammern und vergewaltigungsräume. der tyrann wird bald verschwunden sein. der tag ihrer befreiung ist nah.“
ich hörte, wie er dem irakischen volk sagte: „wir werden nicht ruhen, bis ihr land frei ist.“
ich hörte den vizepräsidenten sagen: „selbst im vergleich zu den glänzendsten offensiven der militärgeschichte, die der deutschen in den ardennen im frühjahr 1940 oder pattons siegeszug im juli 1944, ist unser sturm auf bagdad hinsichtlich tempo, kühnheit und geringer verlustzahlen beispiellos.“
ich hörte oberst david hackworth sagen: „dumdideldum – gleich machen wir bumm.“
ich hörte den sprecher des pentagons sagen, 95 prozent der irakischen opfer seien „männer in wehrpflichtigem alter.“
ich hörte den vertreter des roten halbmonds sagen: „allein auf einem autobahnabschnitt standen über fünfzig zivilfahrzeuge, in denen jeweils vier oder fünf menschen verbrannt waren; die standen zehn, fünfzehn tage in der sonne, bis sie von freiwilligen in der nähe begraben wurden. das heißt das, was ihre verwandten noch vorfanden. der krieg ist schlimm, aber seine überreste sind schlimmer.“
ich hörte den direktor eines krankenhauses in bagdad sagen: „das krankenhaus ist eine einzige notaufnahme. die art der verstümmelungen ist so schwer – ein körper ohne kopf, ein anderer mit aufgerissenem bauch.“ ich hörte ihn sagen: „die menschen sind angesichts dieser kriegswaffen so fragil.’“
Ich hörte einen amerikanischen soldaten sagen: „über meinem bett hängt ein bild vom world trade center, und auch in meiner kevlar (kugelsichere weste) habe ich eins. Jedes Mal wenn mir diese leute leid tun, schaue ich es mir an. Dann denke ich: ‚ die haben bei uns zugeschlagen, jetzt sind wir dran.’“
Ich hörte von hashim, einem dicken, „furchtbar schüchternen“ fünfzehnjährigen, der gern stundenlang mit seinem vogelkäfig am fluß saß und der von der 4. infanteriedivision beim angriff auf sein dorf erschossen wurde. Nach den einzelheiten des todes des jungen befragt, sagte der divisionskommandeur: „diese person war wahrscheinlich zur falschen zeit am falschen ort.“
Ich hörte einen amerikanischen soldaten sagen: „kinder bewerfen uns mit steinen. Da willst du dich am liebsten umdrehen und einen von den kleinen scheißern erschießen, aber das geht ja nicht.“
Ich hörte den sprecher des pentagons sagen, dass die usa zivile opfer nicht zählen: „unsere bemühungen konzentrieren sich darauf, die kampfkraft des feindes zu zerstören, daher zielen wir niemals auf zivilisten und haben auch keinen anlaß zu versuchen, solch unbeabsichtigte todesfälle zu zählen.“ Ich hörte ihn sagen, dies wäre ohnehin unmöglich, da die irakischen paramilitärs in zivil kämpften, die regulären truppen zivilpersonen als menschliche schutzschilde benutzen und viele der zivilen toten auf das irakische „ungezielte flugabwehrfeuer, das zurück auf die erde fällt, zurückzuführen“ seien.
Ich hörte einen amerikanischen soldaten sagen: „das schlimmste ist, auf einen von denen zu schießen und ihm dann zu helfen“, wie es die vorschrift verlangt. „scheiße,
ich hab’ keinem von denen geholfen. Ich würde diesen ärschen nicht helfen. Da gab’s welche, die hat man sterben lassen. Und anderen hat man zwei verpasst. Wenn du erst das ziel erreicht hast und du auf sie geschossen hast und du dann weitergehst und da ist was, schießt du wieder. Da wollte man keine kriegsgefangenen machen.“
Ich hörte anmar uday, den arzt, der sich um die gefreite jessica lynch gekümmert hatte, sagen: „wir hörten die hubschrauber. Wir waren überrascht. Was soll das? Da waren keine truppen. In den krankenhäusern waren keine soldaten. Das war wie in einem hollywood-film. Sie schrien ´los, los, los´, und das mit waffen und mit leuchtraketen und dem knall von explosionen. Die machten eine schow, einen actionfilm wie sylvester stallone oder jackie chan mit herumstürzen und brüllen und türeneintreten. Und die ganze zeit liefen kameras.“
Ich hörte die gefreite jessica lynch sagen: „man hat mich als eine art symbol für diesen ganzen kram benutzt. Irgendwie hat das weh getan, dass die geschichten erfunden haben, an denen nichts wahres wahr.“ Ich hörte sie über die geschichten, wonach sie sich gegen die männer, die sie gefangennahmen, tapfer gewehrt und schuß- und stichwunden erlitten habe, sagen: „ich nehme für mich nichts in anspruch, das ich nicht getan habe.“ Ich hörte sie über ihre dramatische „rettung“ sagen: „ich glaube nicht, dass es genau so passiert ist.“
Ich hörte das rote kreuz sagen, die opferzahlen in bagdad seien so hoch, dass die krankenhäuser aufgehört hätten zu zählen.
Ich hörte einen alten mann sagen, nachdem elf mitglieder seiner familie – kinder und enkel – gestorben waren, als ein panzer ihren minivan zerfetzte: „unser haus ist ein leerer ort. Wir übriggebliebenen leben wie die wilden tiere. Wir können nur noch schreien.“
Als es mit den krawallen und plünderungen losging, hörte ich einen mann auf einem markt in bagdad sagen: „saddam husseins größtes verbrechen ist es, dass er die amerikanische armee in den irak gebracht hat.“
Als es mit den krawallen und plünderungen losging, hörte ich donald rumsfeld sagen: „es ist unordentlich, und die freiheit ist unordentlich.“
Ich hörte ihn sagen: „ich habe heute eine zeitung aufgeschlagen, und ich konnte es nicht glauben. Ich las acht schlagzeilen, die von chaos, gewalt, unruhen sprachen. Und es war alles bloß henny penny - `der himmel fällt uns auf den kopf´. So was habe ich noch nie gesehen! Da haben wir ein land, das gerade befreit wird, da sind leute, die bald nicht mehr unterdrückt und von einem bösartigen diktator schikaniert werden und freier sind. Und diese zeitung mit ihren acht oder zehn schlagzeilen, die zeigte einfach einen blutenden mann, einen zivilisten, auf den wir geschossen haben sollen – eins nach dem anderen. Das ist einfach unglaublich.“
Und als das nationalmuseum ausgeräumt und die nationalbibliothek niedergebrannt wurde, hörte ich donald rumsfeld sagen: „die bilder, die man im fernsehen sieht, die sieht man immer und immer wieder, und es ist immer dasselbe bild von einer gestallt, die mit einer vase aus dem gebäude läuft, und das sieht man zwanzigmal, und man denkt: ´mein gott, hatten die so viele vasen? Ist es den möglich, dass es in diesem ganzen land so viele vasen gab?“
Ich hörte, dass 10 000 irakische zivilisten tot sind.
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ich hörte colin powell sagen: „ich bin vollkommen sicher, dass es dort massenvernichtungsmittel gibt und das die beweise bald zum vorschein kommen. Wir sind ihnen dicht auf der spur.“
Ich hörte den präsidenten sagen: „wir finden sie. Es ist nur eine frage der zeit.“
Ich hörte donald rumsfeld sagen: „wir wissen, wo sie sind. Sie sind in dem gebiet um tikrit und bagdad und im osten, westen, süden, norden, irgendwo.“
Ich hörte, die usa bauten 14 „dauerhafte basen“, die 110 000 soldaten aufnehmen könnten, und ich hörte, wie brigadengeneral mark kimmitt sie „ein muster dafür, wie wir im mittleren osten operieren könnten“, nannte. Ich hörte, die usa bauten ihr größtes botschaftsgebäude auf der welt.
Ich hörte, es sei nur eine frage von monaten, bis starbuck’s und mcdonald’s filialen in bagdad eröffneten. Ich hörte, die bank hsbc werde im ganzen land geldautomaten aufstellen.
Ich hörte von den handelsmessen von new bridges strategies, einer consulting-firma, die zugang zum irakischen markt versprach. Ich hörte einen ihrer partner sagen: „die rechte für den vertrieb von proctor & gamble zu bekommen, das kann eine goldgrube sein. Ein gutsortiertes 7-eleven könnte dreißig irakische läden kaputtmachen. Ein wal-mart könnte das land übernehmen.“
Am 1. mai 2003 hörte ich den präsidenten, als pilot kostümiert, unter einem transparent, auf dem „mission accomplished“ („auftrag erledigt“) stand, verkünden, die kampfhandlungen seien nun vorbei: „die schlacht um den irak ist ein sieg im krieg gegen den terror, der am 11. september 2001 begann.“ Ich hörte ihn sagen: „die befreiung des irak ist ein entscheidender vorstoß auf dem feldzug gegen den terror. Wir haben einen verbündeten von al-qaida beseitigt und eine quelle der terrorfinanzierung abgeschnitten. Und so viel steht fest: kein terroristennetzwerk wird massenvernichtungswaffen vom irakischen regime erhalten, weil es das regime nicht mehr gibt. In diesen 19 monaten, die die welt verändert haben, war unser tun besonnen und angemessen auf dieses verbrechen konzentriert. Wir haben die opfer des 11. september nicht vergessen – die letzten telephongespräche, den eiskalten mord an kindern, die suche in den trümmern. Mit diesen angriffen haben die terroristen und ihre helfer den vereinigten staaten den krieg erklärt. Und diesen krieg haben sie nun bekommen.“
Am 1. mai 2003 hörte ich, dass 140 amerikanische soldaten im irak im kampf gefallen waren.
Ich hörte, wie richard perle den amerikanern sagte, sie sollten „sich entspannen und den sieg feiern“. Ich hörte ihn sagen: „die voraussagen derjenigen, die diesen krieg ablehnten, können wie verbrauchte patronen abgelegt werden.“
Ich hörte generalleutnant jay garner sagen: „wir sollten in den spiegel schauen und stolz sein, die brust rausstrecken, den bauch einziehen und sagen: ´verdammt, wir sind amerikaner`.“
Und später hörte ich, ich könne eine 25 zentimeter große action-figur elite force aviator: george w. bush kaufen: „detailgetreu und in vollständiger authentischer montur, ist diese limitierte action-figur eine präzise nachbildung unseres oberbefehlshabers im maßstab eins zu sechs, wie er bei seiner historischen landung auf dem flugzeugträger ausgesehen hat. Diese voll bewegliche figur hat realistische gesichtszüge, detaillierte fliegerkombi aus stoff, helm mit sauerstoffmaske, überlebensweste, g-pants, fallschirmgurte und noch viel mehr.“
Im februar 2003, einen monat vor der invasion, hörte ich, wie general shinseki vor dem kongreß sagte, zur besetzung des irah würden „mehrere hunderttausend mann“ benötigt. Ich hörte, wie paul wolfowitz das als „voll daneben“ belächelte. Ich hörte, der staatssekretär für die armee, thomas white, ein ehemaliger general, sei gefeuert worden, weil er der selben meinung war. Im mai 2003 hörte ich, die planer im pentagon hätten vorausgesagt, die truppenstärke der usa werde bis ende des sommers auf 30 000 fallen.
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ich hörte, paul bremers erste amtshandlung als leiter der zivilverwaltung sei gewesen, alle mitglieder der baath-partei zu feuern – darunter 100 000 beamte, polizisten, lehrer uns ärzte – und alle 400 000 soldaten der irakischen armee ohne bezahlung oder rente zu entlassen. Auf diese einkommen waren 2 millionen menschen angewiesen. Da amerika den privaten waffenbesitz unterstützt, durften die soldaten ihre waffen behalten.
Ich hörte, allein in bagdad seien hunderte entführt und vergewaltigt worden; schulen, krankenhäuser, geschäfte und fabriken seien geblündert worden; es sei unmöglich, die stromversorgung instand zu setzen, weil aller kupferdraht aus den kraftwerken gestohlen worden sei.
Ich hörte paul bremer sagen: „überwiegend herrscht im land ordnung“ und dass alle probleme „einem harten kern einiger hundert terroristen“ von al-qaida und angeschlossenen gruppen stammten.
Als die angriffe auf us-soldaten zunahmen, hörte ich, dass die generäle uneins waren, wer da kämpfte: islamistische fundamentalisten oder reste der baath-partei oder irakische söldner oder ausländische söldner oder normale bürger, die sich für den verlust von verwandten rächten. Ich hörte, wie präsident, vizepräsident, politiker und fernsehreporter sie einfach „terroristen“ nannten.
Ich hörte den präsidenten sagen: „manche meinen, die situation ist so, dass sie uns dort angreifen könnten. Meine antwort lautet: sollen sie kommen! Wir haben die nötige macht, um mit der lage fertig zu werden.“
Ich hörte, dass 25 000 irakische zivilisten tot seien.
Ich hörte arnold schwarzenegger, der damals als gouverneur kandidierte, in bagdad anläßlich einer vorführung von terminator 3 eigens für die truppe sagen: „es ist echt wahnsinn, hier rumzufahren, also, die armut, und man sieht ja, dass da kein geld ist, das ist ein finanzielles desaster, und dann noch das führungsvakuum, eigentlich wie in kalifornien.“
Ich hörte, dass die armee ganze dörfer mit stacheldraht umschloß, daran hingen schilder, auf denen stand: „dieser draht dient ihrem schutz. Nähern sie sich ihm nicht, und versuchen sie nicht, ihn zu übersteigen, sonst werden sie erschossen.“ In einem dieser dörfer hörte ich einen mann namens tariq sagen: „ich sehe keinen unterschied zwischen uns und den palästinensern.“
Ich hörte todd brown sagen: „man muß die arabische denkweise verstehen. Das einzige, das sie verstehen, ist gewalt – gewalt, stolz und das gesicht zu wahren.“
Ich hörte, die usa hätten als „geschenk des amerikanischen volkes an das irakische“ 18,4 milliarden dollar für den wiederaufbau der grundlegenden infrastruktur bereitgestellt – dass aber künftige irakische regierungen kein mitspracherecht hätten, wie das geld ausgegeben werde. Ich hörte, dass die wirtschaft ausländischem besitz geöffnet werde und dies unabänderlich sei. Ich hörte, dass die irakische armee unter dem kommando der usa stehen werde und dies unabänderlich sei. Ich hörte allerdings auch, dass die „volle befugnis“ über gesundheitswesen und krankenhäuser den irakern übertragen worden sei und hohe amerikanische gesundheitsberater abgezogen worden seien. Ich hörte tommy thompson, den gesundheitsminister, sagen, die irakischen krankenhäuser wären in ordnung, wenn die iraker „sich nur die hände wüschen und den dreck von den wänden kratzten“.
Ich hörte oberst nathan sassaman sagen: „mit einer kräftigen dosis angst und gewalt und einer menge geld für projekte können wir diese leute, glaube ich, davon überzeugen, dass wir hier sind, um ihnen zu helfen.“
Ich hörte richard perle sagen: „nächstes jahr um diese zeit wird es in dieser region bestimmt einen richtig blühenden handel geben, und dann werden wir eine rasche wirtschaftsentwicklung erleben. Und ich wäre sehr überrascht, wenn in einem jahr nicht ein großer platz in bagdad nach präsident bush benannt wäre.“
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ich hörte von der operation ivy cyclone, bei der f-16-bomber 500-pfund-bomben abwerfen. Ich hörte von der operation vigilant resolve. Ich hörte von der operation plymouth rock. Ich hörte von der operation iron hammer, deren name auf „eisenhammer“ zurückgeht, den plan der nazis, sowjetische kraftwerke zu zerstören.
Ich hörte, dass die vorschriften der air force verlangen, dass jeder luftangriff, dem voraussichtlich mehr als dreißig zivilisten zum opfer fallen, vom verteidigungsminister persönlich genehmigt werden müsse, und ich hörte, das donald rumsfeld jeden antrag genehmigt habe.
Ich hörte den marineoberst sagen: „wir haben die brücken mit napalm beworfen. Leider waren leute dort. Nicht eben toll, so ein tod.“ Ich hörte, dass das pentagon bestritt, napalm einzusetzen, vielmehr bestünden die brandbomben aus etwas namens mark 77; und ich hörte die experten sagen, dass mark 77 nur ein anderer name für napalm sei.
Ich hörte einen marine dead-checking („totprüfen“) beschreiben: „man bringt uns bei, dead-checking zu machen, wenn wir räume säubern. Man jagt einem zwei kugeln in die brust und eine ins gehirn. Aber wenn man in einen raum kommt, in dem verwundete sind, weiß man ja vielleicht nicht, ob sie leben oder tot sind. Also bringt man uns bei, sie ´totzuprüfen`, indem wir ihnen mit dem stiefel aufs auge drücken, weil ein mensch, selbst wenn er sich totstellt, im allgemeinen zurückzuckt, wenn man ihn da draufstößt. Zuckt er, jagt man ihm eine kugel in den kopf. Das macht man, damit der schwung erhalten bleibt, wenn man ein gebäude durchkämmt. Man hat’s ja nicht gern, wenn einer hinter einem aufsteht und schießt.“
Ich hörte den präsidenten sagen: „wir drängen die terroristische bedrohung zurück – nicht an den rändern ihres einflußgebiets, sondern im herzen ihrer macht.“
Als die zahl der todesopfer unter den amerikanischen soldaten 500 erreichte, hörte ich brigadegeneral kimmitt sagen: „ich glaube nicht, dass die soldaten auf willkürliche zahlen wie verlustzählungen als den gradmesser ihrer moral schauen. Sie wissen, dass sie eine nation haben, die hinter ihnen steht.“
Ich hörte einen amerikanischen soldaten sagen, der neben seinem hummer stand: „wir haben den irak befreit. Und jetzt wollen uns die leute hier nicht, und wissen sie, was? Wir wollen auch nicht hier sein. Warum sind wir also immer noch hier? Warum holt man uns nicht nach hause?“
Ich hörte colin powell sagen: „wir haben nicht erwartet, es würde ganz so intensiv sein und so lange dauern.“
Ich hörte donald rumsfeld sagen: „unsere willenskraft steht auf dem prüfstand.“
Ich hörte den präsidenten sagen: „wir haben biologische labors gefunden. Die sind illegal. Die sind gegen die resolutionen der vereinten nationen, und bislang haben wir zwei entdeckt. Und je mehr zeit vergeht, desto mehr waffen werden wir finden. Aber diejenigen, die sagen, wir hätten die verbotenen produktionsgeräte oder verbotenen waffen nicht gefunden, die liegen falsch, wir haben sie gefunden.“
Ich hörte tony blair sagen: „in massengräbern wurden die überreste von 400 000 menschen gefunden.“ Und ich sah seine aussage in einer broschüre der us-regierung wiederholt: „iraks erbe des terrors: massengräber“, und auf einer webseite der us-regierung, wonach dies „ein verbrechen gegen die menschheit (darstelle), das nur noch vom ruandischen völkermord, pol pots kambodschanischen killing fields in den siebziger jahren und dem nazi-holocaust des zweiten weltkriegs übertroffen wird.“
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ich hörte den präsidenten sagen: „heute dank ich dem herrgott auf knien, dass er unsere truppen in übersee beschützt wie auch unsere koalitionstruppen und unschuldige iraker, die unter einigen jener sinnlosen morde von leuten leiden, die versuchen, unsere willenskraft zu erschüttern.“
Ich hörte, er sei der erste präsident, der in kriegszeiten noch bei keinem begräbnis eines toten soldaten zugegen war. Ich hörte, photographien von den fahnengeschmückten särgen, die zurückkehrten, seien verboten. Ich hörte, das pentagon habe body bags („leichensäcke“) in transfer tubes („überführungsröhren“) umbenannt.
Ich hörte einen tränenreichen george bush sen. Beim jahreskongreß des verbands petrochemie und raffinerie sagen, es sei „zutiefst empörend und verachtungswürdig“, wie die „eliten und intellektuellen das einpflanzen der saat der grundfreiheiten in diesem geplagten teil der welt“ abtäten. Ich hörte ihn sagen: „das ist um einiges schmerzlicher, wenn der eigene sohn kritisiert wird.“
Ich hörte die mutter des präsidenten sagen: „warum sollten wir von leichensäcken und todesfällen hören? Warum soll ich meinen schönen verstand an so etwas verschwenden?“
Ich hörte, sieben prozent aller amerikanischen militärischen todesfälle im irak seien suizide, zehn prozent der soldaten, die zum armeekrankenhaus in landstuhl ausgeflogen wurden, seien wegen „psychiatrischer oder verhaltensauffälliger symptome“ überwiesen worden, und zwanzig prozent aller armeeangehörigen würden einmal an posttraumatischen streßbeschwerden leiden.
Ich hörte brigadegeneral kimmitt bestreiten, auch zivilisten würden getötet: „unsere operationen sind äußerst präzise.“
Ich hörte donald rumsfeld sagen, die kämpfe seien nur das werk von „schlägern, banden und Terroristen“. Ich hörte general richard myers sagen: „das ist keine schiitische erhebung. Moktada al-sadr hat eine sehr kleine anhängerschar.“ Ich hörte, ein ungenannter „mitarbeiter des geheimdienstes“ habe gesagt: „der haß auf die amerikanische besatzung hat sich unter den schiiten rasch verbreitet und ist jetzt so groß, dass mister sadr und seine streitkräfte nur ein element darstellen. Die zerschlagung seiner mahdi-armee könnte nur gelingen, wenn man sadr city zerstört.“ Sadr city ist der bevölkerungsreichste stadtteil bagdads. Ich hörte, bei den sunniten hätten sich sunnitische stammesführer ehemaligen führern der baath-partei und saddam-loyalisten angeschlossen.
Ich hörte, es gebe jetzt dreißig eigenständige milizen im land. Ich hörte, die reporter der fernsehnachrichten bezeichneten sie routinemäßig als „antiirakische kräfte“.
Ich hörte, paul bremer habe eine beliebte zeitung, al hazwa, wegen „unkorrekter berichterstattung“ geschlossen.
In einer schlange aus schiiten, die zum blutspenden für sunniten in falludscha anstanden, hörte ich einen mann sagen: „wir sollten paul bremer dankbar sein. Er hat den irak vereint – gegen ihn.“
Ich hörte den präsidenten sagen: „ich wäre auch nicht glücklich, wenn ich besetzt wäre.“
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ich hörte tony blair sagen: „bevor die leute über das fehlen von massenvernichtungswaffen jubeln, sollten sie vielleicht noch ein wenig warten.“
Ich hörte general myers sagen: „mit der zeit und bei der zahl von gefangenen, die wir jetzt verhören, bin auch zuversichtlich, dass wir massenvernichtungswaffen finden werden.“
Ich hörte den präsidenten sagen: „es werden gefangene gemacht und informationen gesammelt. unsere entschlossenen aktionen werden weitergehen, bis diese feinde der demokratie erledigt sind,“
Ich hörte einen soldaten eine, wie sie es nannten, bitch in a box beschreiben: „das machten sie normalerweise, wenn sie einen gafangenen mürbe machen wollten: man steckt ihn in den kofferraum und fährt eine weile mit ihm herum. Die kapuzen verstehe ich noch – und dass man ihnen mit plastikdingern die hände fesselte, das habe ich auch noch eingesehen. Aber das mit dem kofferraum – das fand ich doch ein bißchen ungewöhnlich. Mal ehrlich, das war wie im brutkasten. Im irak, im august, bei brutalen fünfzig grad, da können sie sich vorstellen, wie es im kofferraum eines schwarzen mercedes ist.“
Ich hörte einen nationalgardisten aus florida sagen: „wir hatten einen vorschlaghammer, mit dem schlugen wir gegen die wand, und das machte ein echo, das wie eine explosion klingt, und davon kriegten sie eine wahnsinnsangst. Wenn das nichts brachte, luden wir eine 9-millimeter-pistole und taten so, als wollten wir sie dicht an ihren köpfen abfeuern; sie sollten denken, dass wir einen von ihnen erschossen. Wenn man das gemacht hatte, machten sie im grunde alles, was man von ihnen wollte. So wie wir diese männer behandelten, war es sogar für die soldaten hart – erst recht, als klar war, dass viele dieser ´kombattanten`bloß schäfer waren.“
Ich hörte einen marinesoldaten in camp whitehorse sagen: „die 50/10-technik wurde eingesetzt, um euch zu brechen und es den het-mitgliedern zu erleichtern, informationen aus ihnen herauszubekommen.“ Bei der 50/10-technik mußten die gefangenen zehn stunden lang fünfzig minuten pro stunde mit einer kapuze über dem kopf in der hitze stehen. Epw waren enemy prisoners of war („feindliche kriegsgefangene“), het waren human exploitatinon teams („teams zur menschlichen ausbeutung“).
Ich hörte hauptmann donald reese, einen gefängniswärter, sagen: „es war nichts ungewöhnliches, leute ohne kleidung zu sehen. Man sagte mir, diese ´sache mit der nacktheit`sei eine verhörtechik des militärischen geheimdienstes, da habe ich mir keine weiteren gedanken gemacht.“
Ich hörte donald rumsfeld sagen: „ich habe bislang nichts gesehen, das darauf hindeutet, dass die misshandelten menschen im verlauf eines verhörs oder verhörzwecken mißhandelt wurden.“
Ich hörte die gefreite lynndie england, die in abu ghraib mit einem gefangenen an der leine photographiert worden war und auch, wie sie lächelnd auf die genitalien eines anderen zeigte, der nackt und mit einer kapuze verhüllt war, sagen: „ich wurde von personen mit höherem dienstgrad angewiesen, mich dadinzustellen, die leine zu halten und in die kamera zu schauen, und dann haben sie bilder für psyops („psychologische operationen“) gemacht. Also, ich wollte eigentlich auf gar keinen bildern sein. Ich fand das irgendwie komisch.“
Die häftlinge 27, 30 und 31 wurden ausgezogen, nackt mit handschellen aneinander gefesselt, auf den boden gelegt und gezwungen, sich übereinanderzulegen und den geschlechtsverkehr zu simulieren, wobei aufnahmen gemacht wurden. Häftling 8 warf man sein essen in die toilette und zwang ihn dann, es zu essen. Häftling 7 wurde befohlen, wie ein hund zu bellen, während mps auf ihn spuckten und urinierten; er wurde mit einem polizeiknüppel anal penetriert, während zwei weibliche mps zusahen. Häftling 3 wurde von einer soldatin mit einem besen anal penetriert. Häftling 15 wurde photographiert, wie er auf einer kiste stand, eine kapuze über dem kopf und mit vermeintlichen elektrokabeln an händen und penis. Häftlinge 1, 16, 17, 18, 23, 24 und 26 wurden auf einen haufen gelegt und gezwungen zu masturbieren, wobei aufnahmen gemacht wurden. Ein unbekannter häftling wurde mit fäkalien beschmiert und mit einer banane im anus photographiert. Häftling 5 sah zu, wie zivilist 1 einen unbekannten fünfzehnjährigen häftling vergewaltigte, während eine soldatin photographierte. Häftlinge 5 und 7 wurden ausgezogen und gezwungen, frauenunterwäsche auf dem kopf zu tragen. Häftling 28, die hände auf dem rücken gefesselt in einer duschkabine, wurde für tot erklärt, nachdem ein mp ihm den sandsack vom kopf gezogen und ihm den puls genommen hatte.
Ich hörte donald rumsfeld sagen: „wenn man in washington, d. c., ist, kann man nicht wissen, was in der nachtschicht in einem der vielen gefängnisse auf der ganzen welt vor sich geht.“
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ich hörte, dass das rote kreuz sein büro schließen mußte, weil es zu gefährlich sei. Ich hörte, dass general electric und siemens ihre büros schließen mußten. Ich hörte, dass ärzte ohne grenzen gehen mußten und dass die journalisten kaum einmal das hotel verließen. Ich hörte, dass die meisten mitarbeiter der vereinten nationen gegangen sind, nachdem ihre zentrale bombardiert worden war. Ich hörte, dass die lebensversicherungspolicen für die wenigen verbliebenen westlichen geschäftsleute zehntausend dollar pro woche betragen.
Ich hörte tom foley, direktor von iraq private-sector-development, sagen: „das sicherheitsrisiko- ist nicht so schlimm, wie es im fernsehen erscheint. Westliche zivilisten sind an sich kein ziel. Das risiko ist akzeptabel.“
Ich hörte paul bremers sprecher sagen: „wir haben isolierte gebiete, wo wir auf probleme stoßen.“
Ich hörte, dass private sicherheitsfirmen, da sie sich nicht mehr auf hilfe von seiten des militärs verlassen können, sich zur größten privatarmee der welt mit eigenen rettungsteams und nachrichtendienstlichen abteilungen verbündeten. Ich hörte, es gebe im irak rund 20 000 söldner, die jetzt, „privatunternehmer“ heißen, bis zu 2 000 dollar pro tag verdienen und weder dem us-amerikanischen militärrecht noch den irakischen gesetzen unterworfen sind.
Ich hörte, dass 50 000 irakische zivilisten tot seien.
Ich hörte, dass an einem tag, als eine autobombe drei amerikaner tötete, paul bremers letzte amtshandlung als leiter der zivilverwaltung war, ein gesetz zu erlassen, wonach es verboten ist, mit nur einer hand am lenkrad zu fahren oder ohne notsituation zu hupen.
Ich hörte, dass die arbeitslosenrate jetzt achtzig prozent betrage, dass weniger als ein prozent der arbeiter mit dem wiederaufbau beschäftigt sei und das die usa nur zwei prozent der vom kongreß gebilligten 18,4 milliarden dollar für den wiederaufbau ausgegeben hätten. Ich hörte, dass eine offizielle buchprüfung den verbleib von 8,8 milliarden dollar irakischem ölgeld, das von der provisorischen koalitionsregierung irakischen ministerien gegeben wurde, nicht klären konnte.
Ich hörte den präsidenten sagen: „unsere koalition steht neben verantwortungsvollen irakischen führern, die eine wachsende autorität in ihrem land gewinnen.“
Ich hörte, dass ayad allawi, einige tage bevor er premierminister wurde, eine polizeiwache in bagdad besuchte, wo sechs als aufrührer verdächtige mit verbundenen augen und gefesselten händen an einer wand aufgereiht standen. Ich hörte, allawi habe im beisein von vier amerikanern und einem dutzend irakischer polizisten eine pistole gezogen und jedem gefangenen in den kopf geschossen. Ich hörte, er habe gesagt, so müsse man mit aufrührern verfahren. Ich hörte, diese geschichte stimme nicht, und dann hörte ich, selbst wenn sie nicht stimme, sei sie doch glaubhaft.
Am 28. juni 2004 hörte ich den vizepräsidenten bei der einsetzung einer übergangsregierung sagen: „nach jahrzehnten der herrschaft eines brutalen diktators wurde der irak nun seinen rechtmäßigen besitzern zurückgegeben, dem volke des irak.“
Folgendes war der militärbericht über einen normalen tag, den 22. juli 2004, einen tag, der für keine schlagzeilen sorgte: „zwei straßenbomben explodierten in verschiedenen teilen bagdads neben einem lieferwagen und einem mercedes, wobei vier zivilisten getötet wurden. Ein schütze in einem toyota feuerte auf einen polizeikontrollpunkt und entkam. Die polizei verletzte drei bewaffnete an einem kontrollpunkt und verhaftete vier männer, die des versuchten mordes verdächtig waren. Sieben weitere straßenbomben explodierten in bagdad, und zweimal wurden us-truppen von bewaffneten angegriffen. In mosul entschärfte die polizei eine autobombe, und in tell afar überfielen bewaffnete den westlichen fahrer eines kieslasters. In mosul explodierten drei straßenbomben, und einmal wurden us-truppen mit raketen angegriffen; ein weiterer bewaffneter überfall auf us-truppen ereignete sich in der nähe von tell afar. In tadschi stieß ein zivilfahrzeug mit einem amerikanischen militärfahrzeug zusammen, wobei sechs zivilisten getötet und sieben weitere verletzt wurden. In beidschi fuhr ein us-fahrzeug auf eine landmine. Im krankenhaus ad dwar ermordeten bewaffnete einen zahnarzt. In tadschi, baquba, baqua, dschalula, tikrit, paliwoda, balad, samarra und duluiye gab es 17 angriffe mit straßenbomben auf us-streitkräfte, dazu weitere angriffe von bewaffneten auf us-truppen in tikrit und balad. In tigris wurde ein kopfloser körper in einem orangefarbenen overall gefunden, mutmaßlich die bulgarische geißel iwailo kepow. Luftwaffenstützpunkt kirkuk angegriffen. Fünf straßenbomben gegen us-streitkräfte in rutbah, kalso und ramadi. Bewaffnete griffen amerikaner in falludscha und ramadi an. Der polizeichef von nadschaf wurde entführt. Zwei zivile bauunternehmer wurden von bewaffneten in haswah angegriffen. Bei kerbela und hillah explodierten straßenbomben. Bei al qurnah griffen bewaffnete internationale streitkräfte an.“
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ich hörte den präsidenten sagen: „man kann einen feind ermutigen, wenn man sich uneindeutig ausdrückt. Man kann das irakische volk entmutigen, wenn man sich uneindeutig ausdrückt. Deshalb werde ich weiterhin mit klarheit und in entschlossener weise führen.“
Ich hörte den präsidenten sagen: „weil die welt mit mut und moralischer klarheit gehandelt hat, nehmen heute die irakischen athleten an den olympischen spielen teil.“ Der irak hatte auch schon vorher mannschaften zur olympiade geschickt. Und als der präsident eine anzeigenkampagne mit den fahnen von irak und afghanistan sowie den worten: „bei dieser olympiade gibt es zwei freie nationen mehr – und zwei terrorregimes weniger“ startete, hörte ich den irakischen trainer sagen: „der irak als mannschaft will nicht, dass mister bush uns für seinen präsidentschaftswahlkampf benutzt. Er kann andere wege finden, für sich zu werben.“ Ich hörte ihren mittelfeldstar sagen, würde er nicht fußball spielen, dann würde er beim widerstand in falludscha kämpfen: „bush hat so viele verbrechen begangen. Wie will er vor seinen gott treten, nachdem er so viele männer und frauen abgeschlachtet hat?“
Ich hörte, wie ein ungenannter „hoher britischer armeeoffizier“ anleihen bei den nazis nahm, um zu beschreiben, was er sah: „meine sicht und diejenige der britischen befehlskette ist, dass der gebrauch von gewalt durch die amerikaner unverhältnismäßig und ihre reaktion auf die bedrohung, der sie ausgesetzt sind, übertrieben sind. Sie sehen das irakische volk nicht so wie wir. Sie betrachten sie als untermenschen. Der verlust an irakischem leben interessiert sie nicht. Für sie ist der irak ein banditenland, in dem jeder es nur darauf abgesehen hat, sie umzubringen. Es klingt banal, aber die amerikanischen truppen schießen tatsächlich zuerst und fragen dann.“
Ich hörte makki al-nazzal, einen klinikleiter in falludscha, in akzentfreiem englisch sagen: „seit 47 jahren bin ich ein idiot. Ich habe an die europäische und amerikanische zivilisation geglaubt.“
Ich hörte donald rumsfeld sagen: „wir haben nie angenommen, wir würden einfach über massenvernichtungswaffen stolpern.“
Ich hörte condoleezza rice sagen: „wir haben nie erwartet, wir würden garagen aufmachen und sie finden.“
Ich hörte donald rumsfeld sagen: „vielleicht hatten sie ja zeit, sie zu vernichten, ich kenne die antwort nicht.“
Ich hörte richard perle sagen: „wir wissen nicht, wo wir danach suchen sollen, und wir haben nie gewusst, wo wir danach suchen sollen. Ich hoffe, das dauert weniger als 200 jahre.“
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ich hörte den präsidenten sagen: „ich weiß, was ich tue, wenn es darum geht, diesen krieg zu gewinnen.“
Ich hörte den präsidenten sagen: „ich bin ein kriegspräsident.“
Ich hörte, dass 1 000 amerikanische soldaten tot und 7 000 im kampf verwundet worden seien. Ich hörte, dass es nun im durchschnitt 87 angriffe täglich auf us-truppen gibt.
Ich hörte condoleezza rice sagen: „nicht alles ist so gelaufen, wie wir es gern gehabt hätten.“
Ich hörte colin powell sagen: „wir haben die schwierigkeiten falsch eingeschätzt.“
Ich hörte einen ungenannten „hohen us-diplomaten in bagdad“ sagen: „wir haben es mit einer bevölkerung zu tun, die zwischen bloßer tolerierung und glatter feindseligkeit schwebt. Diese vorstellung von einer funktionierenden demokratie ist wahnsinn. Wir dachten, es gäbe eine atempause nach der souveränität, aber statt dessen bricht die hölle los.“
Ich hörte major thomas neemeyer sagen: „die einzige möglichkeit, den aufstand aus den köpfen zu stampfen, wäre, die ganze bevölkerung umzubringen.“
Ich hörte den cnn-reporter beim grab von ali in nadschaf, einer stadt, die einmal 50 000 einwohner zählte, sagen: „alles außer der moschee scheint zu schrott geschossen.“
Ich hörte khudeir salman, der in nadschaf von einem eselskarren eis verkaufte, sagen, er gebe auf, nachdem marine-scharfschützen seinen freund getötet hätten, ebenfalls eisverkäufer: „ich habe ihn heute morgen gefunden. Der scharfschütze hat auch seinen esel erschossen. Sogar die rettungswaagenfahrer haben zuviel angst, um seine leiche zu holen.“
Ich hörte den vizepräsidenten sagen: „ein solcher feind kann nicht abgeschreckt werden, er kann nicht in schach gehalten, nicht befriedet werden, und man kann mit ihm nicht verhandeln. Man kann ihn nur vernichten. Und genau darum geht es jetzt.“
Ich hörte einen ungenannten „hohen amerikanischen kommandeur“ sagen: „wir brauchen eine entscheidung darüber, wann der krebs von falludscha herausgeschnitten wird.“
Ich hörte generalmajor john batiste außerhalb von samarra sagen: „das wird ein kurzer kampf werden, und der feind wird schnell sterben. Die botschaft an die menschen von samarra ist: friedlich oder nicht, die sache wird gelöst.“
Ich hörte brigadegeneral kommitt sagen: „unsere geduld währt nicht ewig.“
Ich hörte den präsidenten sagen: „amerika läßt sich von einer bande von schlägern und killern niemals aus dem irak vertreiben.“
Ich hörte von der hochzeitsgesellschaft, die von amerikanischen flugzeugen angegriffen wurde, wobei 45 menschen starben, darunter auch der hochzeitsphotograph, der die feier mit video aufnahm, bis er selbst getötet wurde. Und obwohl das band im fernsehen gezeigt wurde, hörte ich brigadegeneral kimmitt sagen: „es gab keine hinweise auf eine hochzeit. Aber vielleicht wurde aber doch was gefeiert. Auch böse menschen feiern.“
Ich hörte einen iraker sagen: „ich schwöre, ich habe gesehen, wie hunde die leiche einer frau fraßen.“
Ich hörte einen iraker sagen: „wir haben mindestens 700 tote. So viele sind frauen und kinder. Der gestank der leichen in der stadt ist unerträglich.“
Ich hörte donald rumsfeld sagen: 2der tod hat die neigung, einen deprimierenden blick auf den krieg zu fördern.“
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anläßlich ayad allawis besuch in den vereinigten staaten hörte ich den präsidenten sagen: „wichtig für das amerikanische volk ist es, die realität zu hören. Und die realität steht hier in gestalt des premierministers.“
Nach ethnischen spannungen gefragt, hörte ich ayad allawi sagen: „es gibt keine probleme zwischen schiiten und sunniten und kurden und arabern und turkmenen. Meistens haben wir keine probleme ethnischer oder religiöser natur.“
Ich hörte ihn sagen: 2da ist nichts, kein problem, nur in dem kleinen gebiet von falludscha.“
Ich hörte oberst jerry durant nach einem treffen mit stammesfürsten aus ramadi sagen: „viele von denen haben geschichte studiert, und die sagen mir, die regierung in bagdad ist wie die regierung vichy in frankreich während des zweiten weltkriegs.“
Ich hörte einen journalisten sagen: 2ich bin praktisch immer zu hause. Ich gehe nur hinaus, wenn ich dafür einen sehr guten grund oder ein festgesetztes interview habe. Ich vermeide es, andere zu besuchen, und bin nie zu fuß auf der straße. Ich kann nicht mehr einkaufen gehen, nicht im restaurant essen, kein gespräch mit fremden anfangen, mich nicht auf die suche nach geschichten machen – nur noch in einem schweren gepanzerten wagen fahren; kann nirgendwohin, wo es was für die nachrichten gibt, nicht im stau stehen, draußen nicht englisch sprechen, nicht sagen, dass ich amerikaner bin, mich nicht an kontrollpunkten aufhalten, mich nicht dafür interessieren, was die leute sagen, tun, empfinden.“
Ich hörte donald rumsfeld sagen: „das ist ein harter teil der welt. Bei uns wurden letztes jahr in vielen großstädten amerikas 200, 300, 400 menschen getötet. Wo ist der unterschied? Wir haben eben nicht nur jeden mord in jeder großstadt der vereinigten staaten jeden abend im fernsehen gesehen.“
Ich hörte, dass 80 000 iraker tot seien. Ich hörte, dass der krieg schon 225 milliarden dollar gekostet habe und weiterhin 40 milliarden dollar im monat koste. Ich hörte, dass es nun durchschnittlich 130 angriffe auf us-truppen am tage gebe.“
Ich hörte hauptmann john mountford sagen: „ich frage mich bloß, was passiert wäre, wenn wir ein bißchen enger mit den einheimischen zusammengearbeitet hätten.“
Ich hörte, dass die usa allein im vergangenen jahr 127 tonnen munition mit angereichertem uran (au) im irak verschossen haben – ein chemischer wert, der ungefähr zehntausend nagasaki-bomben entspricht. Ich hörte, man nehme an, dass der verbreitete gebrauch von au im ersten golfkrieg die hauptursache für die gesundheitlichen probleme der 580 000 veteranen sei. 467 wurden in dem krieg verwundet. Zehn jahre später waren 11 000 tot und 325 000 arbeitsunfähig. Im samen eingelagertes au führte bei ihren frauen und freundinnen zu einer hohen rate von endometriose, worauf ihnen die gebärmuter entfernt werden mußte. Bei den soldaten, die vor dem krieg gesunde kinder hatten, kamen 67 prozent ihrer nach dem krieg geborenen kinder mit schweren schäden, darunter fehlenden beinen, armen, organen oder augen zur welt.
Ich hörte, dass in al-qagaa, „einer der sensibelsten militäreinrichtungen“ im irak, die nach der invasion nie bewacht worden war, 380 tonnen hmx (sprengstoff mit hohem schmelzpunkt) und rdx (rasch detonierender sprengstoff) wermißt wurden. Ich hörte, dass ein pfund dieser sprengstoffe genüge, um eine boing 747 in die luft zu jagen, und das dieses waffenlager dazu benutzt werden könne, eine million straßenbomben herzustellen – die ursache für die hälfte aller opfer unter den us-truppen.
Ich hörte donald rumsfeld auf die frage, warum die truppen viel länger als ihre normale turnusmäßige dienstzeit im krieg bleiben müßten, sagen: „ach, kommen sie. Die leute sind fungibel. Die kann man hier oder da haben.“ „fungibel“ bedeutet „austauschbar“.
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ich hörte oberst gary brandl sagen: „der feind hat ein gesicht. Er heißt satan. Er ist in falludscha, und wir werden ihn vernichten.“
Ich hörte einen marinekommandeur zu seinen männern sagen: „sie werden für dinge nicht verantwortlich gemacht, wie sie im nachhinein sind, sondern wie sie ihnen aktuell erscheinen. Wenn sie im guten glauben feuern, um sich und ihre männer zu schützen, handeln sie genau richtig. Es macht nichts, wenn wir später herausfinden, dass sie eine familie unbewaffneter zivilisten ausgelöscht haben.“
Ich hörte oberstleutnant mark smith sagen: „wir gehen dahin, wo die bösen leben, und wir töten sie in ihrem postbezirk.“
Ich hörte, daß 15 000 us-soldaten in falludscha einmarschierten, während flugzeuge 500-pfund-bomben auf „aufständische ziele“ warfen. Ich hörte, sie zerstören das notfallkrankenhaus nazzal im stadtzentrum, wobei zwanzig ärzte umkamen. Ich hörte, sie besetzten das allgemeine krankenhaus falludscha, das die militärs ein „propagandazentrum“ genannt hatten, weil es über zivile opfer berichtete. Ich hörte, daß sie alle mobiltelephone konfiszierten und den ärzten und den ambulanzen verboten, den verwundeten zu helfen. Ich hörte, sie bombardierten das kraftwerk, um die stadt zu verdunkeln, und daß das wasser abgestellt wurde. Ich hörte, daß an jedem haus und laden ein großes rotes „x“ auf die tür gesprüht wurde als zeichen, daß es schon durchsucht war.
Ich hörte donald rumsfeld sagen: „in dieser stadt haben unschuldige zivilisten jede nötige anleitung, wie sie schwierigkeiten vermeiden können. Es wird keine große zahl zivilisten getötet werden, schon gar nicht von us-streitkräften.“
Ich hörte, daß es in dieser stadt der 150 moscheen keine rufe zum gebet mehr gibt.
Ich hörte muhammed aboud erzählen, wie er, außerstande, sein haus zu verlassen, um ein krankenhaus aufzusuchen, seinen neunjährigen sohn habe verbluten sehen, und daß er, außerstande, sein haus zu verlassen, um auf einen friedhof zu gehen, seinen sohn im garten begraben habe.
Ich hörte sami al-jumali, einen arzt, sagen: „in falludscha gibt es keinen einzigen chiurgen. Gerade ist mir ein 13 jahre altes kind unter den händen gestorben.“
Ich hörte einen amerikanischen soldaten sagen: „wir werden herz und verstand der menschen in falludscha gewinnen, indem wir die stadt von den aufständischen befreien. Das tun wir, in dem wir in den straßen patrouillieren und den feind töten.“
Ich hörte einen amerikanischen soldaten, einen bradley-kanonier, sagen: „im grunde suchte ich nach sauberen wänden, also, ohne löcher drin. Und dann machten wir da löcher rein.“
Ich hörte farhan saleh sagen: „meine kinder sind hysterisch vor angst. Sie sind von dem geräusch traumatisiert, aber man kann sie ja nirgends hinbringen.“
Ich hörte, daß die us-truppen frauen und kindern gestatteten, die stadt zu verlassen, daß aber alle „männer im wehrpflichtigen alter“, also von 15 bis 60, bleiben müßten. Ich hörte, daß weder nahrungsmittel noch medikamente in die stadt gelassen würden.
Ich hörte das rote kreuz sagen, daß mindestens 800 zivilisten umgekommen seien. Ich hörte ayad allawi sagen, daß es in falludscha keine zivilen opfer gebe.
Ich hörte einen mann namens hammad sagen: „die werfen so komische bomben ab, von denen rauch wie ein atompilz aufsteigt. Dann fallen kleine stückchen mit langen rauchfahnen aus der luft.“ Ich hörte ihn sagen, daß bei der explosion von stücken dieser bomben große feuer entstanden, die die haut verbrannten, selbst wenn man wasser darauf schüttete. Ich hörte ihn sagen: „daran litten die leute so sehr.“
Ich hörte kassem muhammad ahmed sagen: „ich habe gesehen, wie sie verwundete auf der straße mit dem panzer überrollten. Das ist so oft passiert.“
Ich hörte einen mann namens khalil sagen: „sie haben frauen und männer auf der straße erschossen. Dann haben sie alle erschossen, die ihre leichen holen wollten.“
Ich hörte nihida kadhim, eine hausfrau, sagen, als sie schließlich wieder in ihr haus durfte, habe sie eine botschaft mit lippenstift auf ihrem wohnzimmerspiegel gefunden: „fuck iraq and every iraqi in it,“
Ich hörte general john sattler sagen, die zerstörung falludschas habe, „dem aufstand das rückgrat gebrochen“.
Ich hörte, drei viertel von falludscha seien in schutt und asche gelegt. Ich hörte einen amerikanischen soldaten sagen: „ist schon irgendwie schlimm, daß wir alles zerstört haben, aber wenigstens haben wir ihnen die möglichkeit zu einem neuanfang gegeben.“
Ich hörte, daß nur fünf straßen nach falludscha geöffnet bleiben. Alle anderen würden mit „sandwällen“, mit erdbergen, abgesperrt. An den zugangsstellen werde jeder photographiert; jedem würden fingerabdrücke abgenommen und die iris gescannt, bevor er einen ausweis bekomme. Alle bürger müßten den ausweis jederzeit gut sichtbar tragen. Keine privatautos – die fahrzeuge für selbstmordanschläge – seien in der stadt gestattet. Alle männer würden zu „arbeitsbrigaden“ zusammengestellt, um die stadt wieder aufzubauen. Sie würden bezahlt, aber die teilnahme sei pflicht.
Ich hörte muhammad kubaissy, einen ladenbesitzer, sagen: „ich suche noch immer nach dem, was sie demokratie nennen.“
Ich hörte einen soldaten sagen, er habe mit seinem priester über das töten von irakern gesprochen und daß der priester ihm gesagt habe, es sei in ordnung, für seine regierung zu töten, solange er keinen gefallen daran finde. Nachdem er mindestens vier männer getötet hatte, hörte ich den soldaten sagen, er habe zunehmend zweifel: „verdammt, wo hat jesus gesagt, es ist in ordnung, für die regierung leute zu töten?“
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ich hörte donald rumsfeld sagen: „ich glaube nicht, daß jemand in der regierung gesagt hat, der irak habe atomwaffen.“
Ich hörte donald rumsfeld sagen: „die koalition hat im irak nicht gehandelt, weil wir dramatische neue beweise dafür entdeckt hätten, daß der irak massenvernichtungswaffen anstrebt. Wir haben gehandelt, weil wir den beweis in einem dramatischen neuen licht sahen, durch das prisma unserer erfahrung des 11. september.“
Ich hörte einen reporter donald rumsfeld fragen: „vor dem irakkrieg haben sie ihre sache sehr eloquent vorgetragen, und sie sagten, sie würden uns mit offenen armen empfangen.“ Und ich hörte, wie ihn rumsfeld unterbrach: „hab’ ich nie gesagt. Niemals. Sie mögen sich wohl daran erinnern, aber dabei denken sie an jemand anderes. Sie werden nirgendwo finden, daß ich etwas wie das gesagt habe, was sie gerade von mir behauptet haben.“
Ich hörte ahmed chalabi, der die meisten informationen über die massenvernichtungsmittel geliefert hatte, achselzuckend sagen: „wir sind irrende helden. Was vorher gesagt wurde, ist nicht wichtig.“
Ich hörte paul wolfowitz sagen: „aus bürokratischen gründen nannten wir als rechtfertigung für den einmarsch im irak ein thema, massenvernichtungswaffen, weil das der einzige grund war, auf den sich alle einigen konnten.“
Ich hörte condoleezza rice weiterhin beharren: „es ist nicht so, daß jemand glaubt, saddam hussein besitze keine massenvernichtungswaffen.“
Ich hörte, das „yellowcake“-uran aus dem niger sei ein trick gewesen, die aluminiumröhren könnten nicht für nuklearwaffen verwendet werden, die mobilen biologischen labors stellten helium für wetterballone her, die flotte unbemannter „dronen“ sei ein einziges übergroßes modellflugzeug, saddam habe keine ausgeklügelten bunker unter der erde gehabt, colin powells hauptquelle, seine „fundierte information“ für die beweise, die er den vereinten nationen vorlegte, sei ein aufsatz gewesen, der zehn jahre zuvor von einem studenten geschrieben worden war. Ich hörte, von den 400 000 leichen, die in massengräbern verscharrt gewesen sein sollen, seien nur 5 000 gefunden worden.
Ich hörte generalleutnant james conway sagen: „es hat mich vorher überrascht, und es überrascht mich jetzt, daß wir keine waffen entdeckt haben. Dabei haben wir es ja versucht.“
Ich hörte einen reporter donald rumsfeld fragen: „wenn der irak keine mvw hatte, warum stellte er dann eine unmittelbare bedrohung für unser land dar?“ ich hörte rumsfelds antwort: „sie und einige andere kritiker sind die einzigen, die ich die wendung ‚unmittelbare bedrohung’ je habe gebrauchen hören. Das ist zu einer art folklore geworden, daß das passiert sein soll. Wenn sie zitate haben, würde ich sie gerne sehen.“ Und ich hörte den reporter vorlesen: „keine terroristische bedrohung stellt eine größere oder unmittelbare bedrohung für die sicherheit unseres volkes dar.“ Rumsfeld antwortete: „es ... meine sicht der ... der lage war, daß er ... daß er ... wir ... wir glauben, die besten informationen, die wir hatten und andere länder hatten und daß ... daß wir glaubten und wir immer noch nicht wissen ... wir werden es wissen.“
Ich hörte sa’adoon al-zubaydi, einen dolmetscher, der im präsidentenpalast lebte, sagen: „wenigstens in den letzten drei jahren war saddam hussein der tagtäglichen führung seines regimes überdrüssig. Er konnte es nicht mehr ertragen: sitzungen, kommissionen, berichte, anrufe. Also zog er sich zurück. Allein, isoliert, abseits von allem. Er zog es vor, sich in seinem büro einzuschließen und romane zu schreiben.“
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ich hörte den präsidenten sagen, der irak sei ein „katastrophaler Erfolg“.
Ich hörte donald rumsfeld sagen: „in der ganzen zeit seit dem ende der größeren kampfoperationen haben sie keine einzige schlacht gewonnen.“
Ich hörte, hunderte von schulen seien zerstört und tausende geplündert und daß die meisten menschen es zu gefährlich fänden, ihre kinder in die schule zu schicken. Ich hörte, es gebe kein bankensystem. Ich hörte, in den städten gebe es nur zehn stunden strom pro tag, und nur sechzig prozent der menschen hätten trinkwasser. Ich hörte, die unterernährung der kinder sei jetzt viel schlimmer als in uganda oder haiti. Ich hörte, keines der 300 000 nach dem ausbruch des krieges geborenen kinder habe eine schutzimpfung erhalten.
Ich hörte general muhammad abdullah shahwani, der chef des irakischen geheimdienstes, sagen, es gebe jetzt 200 000 aktive kämpfer im widerstand.
Ich hörte donald rumsfeld sagen: „ich glaube nicht, daß es unsere aufgabe ist, dieses land wiederaufzubauen. Das irakische volk wird dieses land über längere zeit selbst aufbauen müssen.“ Ich hörte ihn sagen, auf jeden fall „ist die infrastruktur des landes überhaupt nicht schlimm vom krieg zerstört worden“.
Ich hörte, der amerikanisch botschafter john negroponte habe darum gebeten, 3,37 milliarden dollar, die für wasser-, abwasser- und elektrizitätsprojekte vorgesehen waren, auf sicherheit und ölförderung umzuleiten.
Ich hörte, daß die reporter von al-dschasira dauerhaft ausgeschlossen seien. Ich hörte donald rumsfeld sagen: „was al-dschasira macht, ist böswillig, fehlerhaft und unentschuldbar.“
Ich hörte, daß spanien die „koalition der willigen“ verließ. Ungarn ebenso, auch die dominikanische republik, auch nicaragua, auch honduras. Ich hörte, daß die philippinen sie schon früh verlassen hatten, nachdem ein philippinischer lastwagenfahrer entführt und hingerichtet worden war. Norwegen verließ sie. Polen und die niederlande sagten, sie hätten die absicht dazu. Thailand sagte das gleiche. Bulgarien reduzierte seine wenigen hundert mann. Moldavien reduzierte seine streitkräfte von 42 auf 12.
Ich hörte, der präsident habe einmal gesagt: „in zwei jahren halten vielleicht nur noch die briten zu uns. Irgendwann sind wir vielleicht die einzigen. Mir macht das nichts. Wir sind amerika.“
Ich hörte einen reporter generalleutnant jay garner fragen, wie lange die truppen im irak blieben, und ich hörte ihn antworten: „ich hoffe, sie sind noch lange da.“
Ich hörte general tommy franks sagen: „man muß über die zahlen nachdenken. Ich glaube, wir werden mit unseren streitkräften im irak vielleicht noch drei, fünf, vielleicht sogar zehn jahre präsent sein.“
Ich hörte, das pentagon prüfe jetzt die sogenannte „salvador-option“, der als vorlage die todesschwadronen in el salvador in den achtziger jahren diente, als john negroponte botschafter in honduras war und elliot abrams, heute präsidentenberater für den mittleren osten, das massaker von el mozote „nichts als kommunistische propaganda“ nannte. Diesem plan zufolge würden die usa paramilitärische truppen beraten, ausbilden und unterstützen; diese sollten attentate und entführungen durchführen, aber auch geheime operationen auf syrischem gebiet. In der debatte des vizepräsidenten hörte ich den vizepräsidenten sagen: „vor zwanzig jahren hatten wir in el salvador eine ähnliche situation. Da gab es eine guerillarevolte, die ungefähr ein drittel des landes kontrollierte. Heute steht el salvador um einiges besser da.“
Ich hörte, 100 000 irakische zivilisten seien tot. Ich hörte, es gebe jetzt durchschnittlich 150 angriffe auf us-soldaten täglich. Ich hörte, daß in bagdad jeden monat 700 menschen bei „nicht mit dem krieg zusammenhängenden“ kriminellen aktivitäten getötet würden. Ich hörte, 1 400 amerikanische soldaten seien getötet worden, und die wahre zahl der opfer liege bei ungefähr 25 000.
Ich hörte, donald rumsfeld lasse seine beileidsbriefe an die familien getöteter soldaten von einer maschine unterschreiben. Als das einen kleinen skandal auslöste, hörte ich ihn sagen: „ich habe angewiesen, daß ich künftig jeden brief selbst unterschreibe.“
Ich hörte den präsidenten sagen: „die glaubwürdigkeit der vereinigten staaten beruht auf unserem innigen wunsch, die welt friedlicher zu machen, und jetzt ist die welt friedlicher.“
Ich hörte den präsidenten sagen: „ich möchte der friedenspräsident sein. Die kommenden vier jahre werden friedliche jahre sein.“
Ich hörte justizminister john ashcroft am tag seines rücktritts sagen: „das ziel, die sicherheit der amerikaner vor verbrechen und terror zu gewährleisten, ist erreicht worden.“
Ich hörte den präsidenten sagen: „eine zeitlang marschierten wir in den krieg. Jetzt marschieren wir zum frieden.“
Ich hörte, das amerikanische militär habe zur verwendung im kommenden jahr 1 500 000 000 kugeln gekauft. Das sind 58 kugeln für jeden erwachsenen und jedes kind im irak.
Ich hörte, saddam hussein verbringe seine zeit in der einzelhaft damit, gedichte zu schreiben, im koran zu lesen, plätzchen und muffins zu essen und ein paar büsche und sträucher zu pflegen. Ich hörte, er habe einen kreis aus weißen steinen um einen kleinen pflaumenbaum gelegt,
12. januar 2005/aus dem englischen von Eike Schönfeld
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